Erste Scene.

[7] Mitternacht. Schloß Birkel.

Graf Bernhard, Knechte und Soldaten draussen vor dem Thor.


BERNHARD. Stärker! Schlafen drinnen wie die Ratzen.

KNECHT. He da, drinnen! Wacht auf! He, Thorwächter!

WÄCHTER von innen. Wer klopft draus?

BERNHARD. Geh' hin, du, sag' ihm, wer ich bin, und frage, ob sein Herr wach ist.[7]

SOLDAT. Graf Bernhard ist da mit seiner Mannschaft, reiten alleweil nach Pfälzel 'nüber zu Graf Siegfried, mit dem wir gen Frankreich wider die Mohren ziehn, wollten's im Vorbeyreiten euerm Herrn zu wissen thun, daß er aufbreche, und mit seiner Mannschaft uns sogleich nachkomme.

WÄCHTER. Schön Dank, ihr Herrn. Reitet in Gottes Namen voran, will's meinem Herrn Ulrich zu wissen thun, sobald er am Tag' erwacht; hat sich vor einer halben Stunde erst nieder gelegt, waren heunt draussen auf der Wolfsjagd.

ULRICH oben am Fenster. Was gibt's da drunten?

BERNHARD. Ulrich, auf! Es ist dir hohe Zeit.

ULRICH. Du, Bruder Bernhard? Dacht', wir zögen erst nach Tages Anbruch. Willt du drunten ein wenig anhalten? Bin dir dann gleich mit den Meinen fertig. Carl! Ist Carl da?

BERNHARD. Der ist schon eine halbe Stunde voraus gejagt.[8]

ULRICH. Nun ja, bey lieb Julchen recht gemächlich Abschied zu nehmen. Die liegt unserm Bruder nun schwer am Herzen.

BERNHARD. Jagte ihn dießmahl selbst voran, Alles drüben in Pfälzel aufzustöbern, damit wir nicht zu lang halten dürfen, wenn wir dort ankommen.

ULRICH. Es war nicht noth; Siegfried hält heunt noch Landrath, ist Alles rege und munter. Was Neues, Bruder! Golo reitet nicht mit im Zuge.

BERNHARD. Warum nicht?

ULRICH. Kann dir's wahrlich nicht sagen, schützt Unpäßlichkeit vor.

BERNHARD. Ist das ganz gewiß, daß er nicht mit reitet?

ULRICH. Kann dich's versichern, Bruder.

BERNHARD. Der Herzog von Schwaben hat ihn erst zum Hauptmann bey seinem Trupp ernannt; wie ist das? Mathilde hat ihm die Stelle ausgewirkt.[9]

ULRICH. Bruder, es schien mir auch unbegreiflich, als ich's gestern erfuhr, aber es ist dir nichts gewisser, er bleibt in Pfälzel zurück. Vetter Siegfried überträgt ihm während seiner Abwesenheit alle Landesgeschäfte daheim zu regiren und zu führen.

BERNHARD. Vetter Siegfried hebt den Jungen immer hoch. Solch einem Gelb-Schnabel die Verwaltung seines Landes! Wußt' er denn keinen Bessern zu finden? Wünsche, daß es ihn nie gereue. – Hurtig, Bruder, damit wir nicht wie die Trenntler kommen. Angeschickt! Frisch! Laß aufblasen! Vor'm Thor vor Pfälzel erwart' ich dich, unten im Wiesenthal stößt der ganze Zug zusammen.

ULRICH. Will euch bald dort einhohlen, zieht immer voran.

BERNHARD. Adjes ein Weilchen. Ab mit seinen Leuten.


Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Werke. Heidelberg 1811, S. 7-10.
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