Fünfzehnte Scene.

[319] Adolfs Gärtchen.

Adolf, Christine.


ADOLF. Sag' mir gar nichts mehr, will nichts mehr davon wissen, wie's weiter in der Welt hergeht. Es ist eine Spruche unter die Redlichkeit kommen, jetzt müssen alle braven Leute dran glauben. Adams Leichnam ist im Wald gefunden worden, halb von Ameisen zerfressen. Alter Knecht, wirst schon im Himmel droben dein besser Thril funden haben, wo aller Redlichen Lohn steht; wird dort keine Ameise mehr deine Ruhe annagen. Hoi! wie mich's zwickt! Sieh, wie roth dort am Himmel, wie brennende Kohlen; glaubst du, Kind? Der jüngste Tag ist vor der Thür'.[319]

CHRISTINE. Soll ich euch was aus der Bibel vorlesen? Die Geschichte vom jungen Tobias.

ADOLF. Bin wie Jacob jetzt kinderlos, mein Benjamin ist auch von mir gewichen in's Kloster hin. Sag' mir doch was von meiner Tochter, wie die sich im Kloster befindet. Hast lange nichts von der gehört?

CHRISTINE. Ihr heftiger Schmerz lindert sich nach und nach, der freundschaftliche liebe Beystand ihrer Base Anne trägt viel dazu bey.

ADOLF. Was ist's dann für ein Pilgerverlöbniß, das Beyde gethan? Ist's wahr?

CHRISTINE. Ja, Herr. Sie bittet Erlaubniß und Segen zur Reise.

ADOLF. Kann ihr nichts geben und versagen; kann ja gehn, wenn Gott sie dazu ruft; wollt's aber doch, daß sie nicht zu bald gingen. Mich däucht, ich treib' es nicht mehr weit.[320]

CHRISTINE. Ja, lieber Herr, ihr geht auch wenig in's Freye, waret doch sonst Wald und Jagd gewohnt und machtet euch viel Bewegung; jetzt sitzt ihr gar immer zu Haus. Graf Siegfried ist schon lange Zeit wieder zurück, alle Menschen besuchen und bewillkommen ihn; ihr allein seyd noch nicht dort gewesen, er hat doch schon oft nach euch gefragt.

ADOLF. Meynst du, daß ich zu ihm hin soll? Sind aber noch Gesichter um ihn herum, die kann ich nicht ausstehn.

CHRISTINE. Eure Schwester will nächstens sich von Pfälzel beurlauben.

ADOLF. Oho! Dann krieg' ich wieder Luft! Mehr so gute Nachricht.

CHRISTINE. Man sagt, Graf Siegfried betrübe sich so herzlich schmerzlich über den Tod seiner Gemahlin.[321]

ADOLF. So?

CHRISTINE. Er will eine Kirche erbauen auf den Platz, wo sie den bittern Martertod erlitt; er läßt schon überall herum nach ihrem Leichnam suchen. Inwendig soll ihr Grabmahl gesetzt werden und hinten dran will er ein Kloster stiften zur Andacht heiliger Leute, in deren Orden er auch selbst eintreten will.

ADOLF. Am Ende geht's doch immer so.

CHRISTINE. Wollt ihr hier aussen ein wenig verweilen? Ich habe drin in der Küche einen Augenblick was Nöthiges nachzusehn, bin gleich wieder da.

ADOLF. Nein, geh' lieber mit. Mag nirgend allein bleiben.

CHRISTINE. Der arme alte Mann! Ab.


Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Werke. Heidelberg 1811, S. 319-322.
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