Achte Scene.

[270] Platz vor Pfälzel.

Auf der einen Seite stehn viel Menschen, auf der andern sieht man einen Theil der Schranken. Golo, Carl, Ritter hinein. Der Herold hervor, stößt in die Trompete.


HEROLD. Kund und zu wissen jedermann: Ritter Golo von Sandthal und Carl bey Rhein stehn gegen einander[270] in den Schranken mit Speer und Schwert, wie edel Rittern gebührt; sie behaupten mit ihrem Blut Wahrheit, obgleich sie zweyerley Meynung sind. Beym dritten Trompetenstoß eröffnet die Schranken! Gott verleihe Sieg dem Recht!

ALLES VOLK. Gott verleihe Sieg dem Recht! Zweyter Trompetenstoß. Gott verleihe Sieg dem Recht! Dritter Trompetenstoß, die Schranken auf. Man hört inwendig starken Tumult, Waffengeklirr, Pferdeschlagen, das Volk läuft überall zu. Hinzu! Laßt sehn, wer Recht hat, wer siegt oder fällt!

EIN WEIB. Woll's Gott, der gute junge Ritter! Die arme gefangne Gräfin! Woll's Gott daß es Carl gewinnt! – Menschen auf der Mauer umher, einander auf den Schultern.


Adam, Margrethe.


ADAM. Was willst du nur jetzt hier? Warum bist du nicht lieber bey mir zu Hause geblieben? Wir hätten schon den Ausgang erfahren.[271]

MARGRETHE. Nein! Sollt' ich nicht dabey seyn, wenn der schwarze Verräther fällt? Nicht Stab auf sein Aas werfen und hoch frohlocken? Hinauf, ich muß sehn!

ADAM. Steh' auf dieß Stück Mauer. Gott behüt' dich, Weib, ich muß fort, ich kann's nicht mehr ... will fort in eine Ecke und eins bethen.

MARGRETHE. Bleib', Adam! Wie sie auf einander rennen! Hörst? Hu! Sehe nur ihre Federn oben wehen! Adam! Adam! Gott! Herunter.

ADAM. Was ist, Weib?

MARGRETHE. Stürzte ein Pferd, Adam! Hörst, drin!

VOLK. Beyde Pferde darnieder! Sa sa! Wie's jetzt geht! Zu Fuß! Volk läuft, rennt, springt herab unter einander.[272]

MARGRETHE. Adam! – Adam ist im Gedränge mit fort. O weh! Da kommt gar der alte Herr mit seiner jungen Tochter. Großer Gott, wie's der jetzt zu Muth seyn muß um ihres lieben Bräutigams jung frisch Leben. Wo ist nur der Mann hin? Mann, wo bist du? Ab.


Adolf, Julie.


ADOLF. Was ist geschehn? Wie ist's? Ha, ihr! Wer ist gefallen? Ist einer gefallen? Sagt!

EIN MANN vorbey. Der liebe Ritter! Gott woll' ihm helfen!

EIN ANDRER vorbey. Golo, Golo ist zu stark, zu gewaltig!

JULIE. Vater, ach Vater!

ADOLF. Weh mir! Weh! Gibt denn Keiner Bescheid, wie's drin steht? Was ist?[273]

EIN ANDRER herab. Wie sie sich herum treiben zu Fuß! Laßt uns hinzu, näher herbey!

JULIE zu Boden ohnmächtig. Ich kann nicht mehr.

ADOLF. Gott! Gott!


Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Werke. Heidelberg 1811, S. 270-274.
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