Zehnte Scene.

[398] Innerer Theil des Waldes.

Waldhörner von innen. Oberjäger, Förster.


FÖRSTER. Wo zieht sich's hin? Dem Gebirge oder innern Wald zu?

OBERJÄGER. Die meisten Treiber sind um's Gebirge hin vertheilt, es muß sich gewiß dem innern Theile zu ziehn. Muthig! Muthig! Stößt in's Horn.

FÖRSTER. Gefällt's nur Siegfried heut, dann ist Alles gut, er kriegt dann wieder Muth zur Jagd. Ist Himmel-Sünde[398] so schönes Gehege und so wenig Pflegung. Hast den Grafen gesehn?

OBERJÄGER. Den Wolf gerufen, so ist er vor der Hecke. Siehst du ihn dort? Sporenstreichs einem flüchtigen Schmahlthier nach, fleckicht vorn auf dem Blatt.

FÖRSTER. Däucht mich eine Rehkuh.

OBERJÄGER. Muthig jetzt, daß alles extra geht! Wollen nachher auch Eins zum Hubertus stoßen, bey einer Flasche Johannisberger. – Juh! Wieder einmahl in's Leben!

FÖRSTER. Die Hitze sticht arg, bekommen spät im Jahr noch ein Gewitter heut. Komm, hab' dir noch was zu sagen.

OBERJÄGER singt.

So laßt uns all' jagen, uns jagen und jagen,

So lang uns das Blut an dem Herzen frisch quillt![399]

So laßt uns all' jagen in muthigen Tagen

So lang uns den Kragen, so lang uns den Magen

Vertumnus mit brausendem Most noch erfüllt!

Was gibt es denn Süßers zu thun und zu wagen,

Als Jagen und Jagen, als liebliches Jagen?

So laßt uns all' jagen in muthigen Tagen

So lang uns das Blut an dem Herzen frisch quillt! –


Ab.


GOLO zu Fuß. Verdammt! Bin in des Teufels Klauen! Wo nun durch? Wo? Ueberall wie zwey loßgelassene schwarze Geister sind die zwey zottigen Schelme mir beständig am Nacken, treiben mich herum zu Pferd' und zu Fuß. – Nur einmahl wieder im Freyen draussen, daheim! Da hat sie der Teufel von Neuem! Ab.


Bernhard, Ulrich zu Fuß.


BERNHARD. Bricht dort durch die Hecken, nach ihm, grad zu, Bruder! Will umbeugen, ihm vor, und wenn er etwa durch will, oben an der Spitze ihn auffangen und stellen.

ULRICH. Erinnere dich nur, was du Siegfrieden versprochen. Keine Gewalt! Ab.[400]

BERNHARD. Nachdem er sich gibt. Ab.


Oberjäger, Förster.


FÖRSTER. Sie treiben ihn, er kommt nirgend durch. Zu Pferde jetzt und Siegfried angesagt! Ab.

OBERJÄGER ins Horn stoßend. Hurra! In's freye Grüne! Die Jagd geht frisch lieblich! Ab.

GOLO läuft und schnauft. Verdammt! Verdammt! Wo hinaus?


Bernhard.


BERNHARD ihm entgegen. Willst stehn!

ULRICH hinten Halt!

GOLO. Was wollt ihr, Teufel? Ha, was jagt ihr mich?[401]

BERNHARD. Steh!

GOLO. Hunde! Ich scheu' euch nicht! Der erste, der mich ... Hält den Speer vor.

ULRICH. Du sollst bey uns bleiben. Wollen nichts, als dich immer begleiten.

GOLO. Verflucht! Schert euch davon, weg. Will euer Gefangner nicht seyn. Ha! Zurück!

BERNHARD. Bist unser Bär! Wollen dich kitzeln, wenn du nicht tanzen willst.

GOLO wirft wild den Kopf rechts und links, mit vorgehaltnem Speer ab.

ULRICH. Immer ihm nach, bis Siegfried uns das Zeichen gibt.[402]

BERNHARD. Kaum konnt' ich mich halten. Voran! Er setzt von Neuem durch! Husch!

ULRICH. Siegfried dort! Ihm nach! Auch nach! Ab.

BERNHARD. Gehetzt jetzt! Frisch! Bis er fällt! Ab.


Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Werke. Heidelberg 1811, S. 398-403.
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