Zwölfte Scene.

[416] Weidengebüsch.

Von fern die Melodie des Liedes: mein Grab sey unter Weiden, mit Waldhörnern.

Golo, Bernhard, Ulrich.


GOLO. Ha, mein Sterbegesang!

ULRICH. Drunten rauscht der Bach, sag' an seinen Tod, wie er sterben soll.

BERNHARD. Niedergestochen wie ein Thier, sein Blut im Bach rinnend, zerhauen die Glieder und aufgehenkt in die Aeste, daß einmahl des Himmels Geyer in seinen Knochen horsten!

GOLO faßt wüthig Bernhard, wirft ihn nieder, reißt das Schwert ihm aus der Faust und verwundet ihn. Noch brennt Mannheit in mir! Verflucht neunmahl die Zunge, die solch Urtheil mir sprach![417]

ULRICH. Ha! Noch meinen Bruder erschlagen? Blutdürstiger! Höllischer!

GOLO. Bin ich nicht Ritter, so edel gebohren, wie ihr? Schlachtet ihr mich wie ein Thier?

ULRICH. Hund! Wüthiger! Will dir's geben!

BERNHARD. Halt' ein, Bruder Ulrich!

ULRICH. Nein, soll mir darnieder!

BERNHARD. Sonst bathest du mich, bitte jetzt dich. Ulrich flicht.

GOLO schlägt ihm das Schwert aus der Hand. Ihr wäret mir nichts, ich wollte euch eh Beyde Wolf und Geyern vorschmeissen, daß sie eure Glieder[418] zerhackten, eh ihr mich zu Boden brächtet! Ihr Niederträchtigen! Die ihr schnöde verdammt, ihr Elenden, die nicht fühlen, wie jammervoll dem Unglücklichen ist! Ihr schmähet mich, schaut auf mein Verbrechen, aber nicht auf das Schicksal, das mich bis dahin trieb. Oh ich wollte mich jetzt stellen gleich vor euch Allen an die Spitze hundert Bewaffneter hinter mir: wer wagt' es, mich dann noch zu richten, wo tausend und tausend! Aber hier, in meinem Busen, da ... ich habe Unglückliche gemacht, habe meinen edelsten Freund hintergangen, ach! Wirft das Schwert weg. Stehe hier unbewaffnet wieder! – Ritter-Tod und Begräbniß ehrlich: mehr begehr' ich nicht.

BERNHARD. Habe mich zu sehr auf deinen Tod gefreut, habe zu sehr nach deinem Blute gelechzt! Geh' deines Weges, Gott wird dich finden.

GOLO. Ich bin müde! Wer mir den Tod gibt, gibt mir Ruhe.

ULRICH faßt das Schwert. Unglücklicher! Sollst haben Ritter-Tod und Begräbniß, ehrlich Beydes von meiner Hand. Steh' her, will dein Richter seyn. Reckt das Schwert.[419]

GOLO fällt hinein. Verzeiht mir, eh ich sterbe.

BEYDE. Wir verzeihen dir!

Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Werke. Heidelberg 1811, S. 416-420.
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