Achte Scene.

[391] Wald vor Pfälzel. Morgengrau.


GOLO. Wenn alle abschnappen, die von der Sache wissen, bleibt auf die Letzt' Keiner, der mich verräth. Dann[391] komme ich vielleicht wieder einmahl zur Ruhe. Es sollte mir jetzt der Waldbruder nur noch in die Hände springen. – Wo nur die Bursche bleiben, die ich hinein auf Pfälzel gejagt! Steffen! – Ach! wie mir's durch alle Rippen kracht, schwer in den Knochen als ein Gewitter. Todt meine Mutter, von der nämlichen Hand vergiftet, die sie selbst zu ihren Mordthaten gebraucht; es ist doch Gerechtigkeit in allen Dingen, die Geschichte predigt's vom Anbeginn der Welt. Gift mit Gift, Blut um Blut, mit richtiger Wage so viel Strafe zugewogen, als das Verbrechen galt. Wenn's denn so ist – Narr, der ich bin! Hinzureiten, mich selbst meinen Beschuldigern in die Hände zu liefern! Sie müssen mich doch erst fangen, wenn sie's vermögen, ihr Recht an meine Gewalt probiren. Will nicht mein eigner Scherge seyn. – Höllisch!


Steffen.


GOLO. Nun, was bringst du zurück?

STEFFEN. Sie lassen euch wieder grüßen, sagen, sie freuen sich eurer Gesellschaft auf heutiger Jagd.

GOLO. Wird bald aufgesessen? – Bernhard ist da?[392]

STEFFEN. Freylich.

GOLO. Reite nur heim zurück, bestelle meine Pferdewechsel richtig; auf heut Nacht kehr' ich wieder nach Sandthal.

STEFFEN. Wollt ihr meinem Rath folgen, Herr? Vermeidet dießmahl die Jagd, ich prophezeie euch nichts Guts.

GOLO. Warum?

STEFFEN. Bernhards Knecht hat's verschwätzt. Wir tranken eins an der Kellerthür' mitsammen, da hört' ich den Vogel von Weitem; bald drauf legte er's näher los, als er gehört, daß ihr heut gewiß herüber kämt. Er trank seines Herrn Gesundheit im Leben immer hoch zu Pferde, euch aber todt und hinunter tief unter die Erde. Es ist gegen euch angelegt, ich weiß es gewiß.

GOLO. Was acht' ich heimliche Anschläge, Meuchelmord und Gewalt? Ich scheue dergleichen nichts. Ich wollte[393] vorhin von selbst wieder zurück heim; ist mir jetzt anders. Dergleichen Fällen trotzt mein Muth. Ich höre schon nahe Hörner; dort unten im Thale! Ich muß dabey seyn. Geschwind meinen Fuchs hervor, mir nach, ich muß hin! Ab.

STEFFEN. Rennt in's Teufels Namen hinein in euer Verderben, wenn ihr nicht hören wollt! Ich bleibe hübsch zurück, so weit professionir' ich Ehrlichkeit nicht, mich selbst in die Schanze zu schlagen. Ab.


Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Werke. Heidelberg 1811, S. 391-394.
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