Der Kirchweihbock.

[122] Itzt laßts enk doch an Spaß derzähln,

I woas, ös lachts enk z'trank:

Daß i a Sau bin jederzeit,

Dös wißt's itzt, Gott sei Dank.

Drum thu i mi net exkusirn,

Und sogs enk franschmann weg:

Es handelt wieder 's ganz Gedicht

A bißt von an Dreck.

Wie i a so a Studentl war

Von zwölf a dreizehn Jahrn,

So bin i, wenn d'Vokanz is g'weft,

Zum Onkel außi g'fahrn;

Der hot denn ar an etli Bubn,

Studirn in Neuburg drübn:

Wenn mir san all beisamma g'west,

Is neamat ung'schorn bliebn.[122]

A mol do is der Kirta g'west

Und dorten is der Brauch,

Daß drinn im Schloß der Goasbock pfeift

Für Knecht' und Mägd' halt auch.

Und d'Herrschaft schaugt halt u oft zu

Und hat a so sein G'spaß,

Und kumma allmal alle Leut

Vom ganzen Dörfel draß.

I schaug denn do dem Pfeiffa zu,

Steh dort am Fenstastock

Und sog zum Max: Woaßt, wos i thua?

Itzt scheiß i in sein Bock,

Und wenn er wieder niedersitzt

Und pfeift und druckt dazna

Und ihm die Soß ins G'sicht nein spritzt,

So lach ma uns grod' gnua.

Gedacht, gethan! der legt sein Bock

Auf's Ofatischl 'nein,

Jetzt nimm i'n schön stat untern Rock,

Lauf 'naus und mach'n drein;

Und rühr a wen'g a Wasser dron,

Sonst war's ja alles z'dick,

Damit's fein besser spritzen konn;

Neamat hot mi g'segn zum Glück.[123]

I leg'n denn schön stat wiederum

Hin an sein alten Ort.

Und schleich mi hintern Garten 'nein,

Itzt g'schwind a bißl fort,

Itzt führt der Satan, wie's halt oft

Der Fankerl alles lenkt,

'n Herrschaftsrichter unverhofft

Auf'n Tanzplatz, wer hätt's denkt.

Dös is an alter Schlankl g'west,

Und hot ihm net viel g'schadt.

Weil er bei mein Herrn Onkel mi

Gar oft nerplaudert hat.

Der hot a schneeweiß West'l on

Und Hosen von Nanquin,

Und singt und pfeift halt was er konn

Im Nebenstübel drinn.

Itzt siegt er dras beim Ofen hint

'n Goasbock paradirn;

Wart, denkta si, itzt muaß i doch

Dös Ding a weng probirn.

Last 'naus und nimmt'n untern Arm

Und druckt halt, wos a konn,

Do spritzt'n d' Brüh glei non so warm

Ins G'sicht und West'l non.[124]

Der bimmt enk denn vor Zorn und Wuth,

Last schnell in d' Kuchl 'naf,

Denkt in der Still: es is schon gut,

Do kumm i schon non draf,

Und weil's schon eppas dunkel war

Und er koan Wasser findt,

Wascht er sie in a Schüßl 'nein

Dort af der Ohnricht hint.

Geht hoam und legt si anders on,

Sagt von der G'schicht koan Wort,

Und sitzt am Abend ob'n beim Tisch

Ganz richti an sein Ort.

Es waren fremde Gäste da,

Die Suppe kommt zu Tisch.

Der Onk'l ißt an Teller voll,

Sagt: 's Fleisch is net recht frisch.

D'Frau Tant' verlost an Löffel voll

Und schreit glei 'naus: »Marie!

Wos hot's denn mit der Suppen thon?

Verkost's a mol die Brüh!«

Die nimmt an Löffel voll davon

Und speibt's glei wieder weck

Und sagt: Gnä Frau, do drinna schwimmt

Hellicht a Menschendr**.
[125]

Kam hat si's g'sagt, itzt kotzt si glei

Die Fräula Adelheid,

Und nach ihr speibt der ganze Tisch,

Dös is enk grod a Freud!

Grod i hob net viel Acht draf geb'n,

Mir hot mei Süppla g'schmeckt,

Und hob ma denkt, vielleicht hot d'Magd

An Knoflat eini g'steckt.


Und wia so alles speibl und kotzt

Mein Lebta nimmermehr,

So kummt und lamentirt und rotzt

Der Goasbockmonn daher:

»Ihr Gnodn! itzt kon i nimma sein,

I woan mi halbet z'todt,

Itzt scheiß'ns ma in mein Goasbock nein,

Und is doch dös mein Brod.«


Und schraft do glei sein Goasbock o

Und schüttelt sans façon

Den Inhalt, den i 'neing'macht ho,

Afs Tafeltüchel no.

Kotz Saprement, und wie's denn grod

Zu oan sein Unglück geht,[126]

Wenn oft der Teufel 's Spiel drinn hot,

Und 's Unglückslüftl weht.


I hoh dort grod zwei Tag zuvor

A messing's Ring'l g'schluckt,

Und hob's im ganzen Haus dazählt,

Daß mi koan bißl druckt.

Itzt, wie denn der die ganz' Menage

Auf's Tischtuch eini schütt,

So steckt im größten Bröck'l drin

Das Ring'l in der Mitt'.


Kotz Kreutz, itzt is mar anders worn,

Itzt kriegst wos af'n Kopf;

Itzt schmeckt ma wohl koan Küchel mehr

Und a koan Gogelhopf.

Schaut alles glei auf mi hinauf,

Der Onkel droht mir schon,

I ober denk, i scheiß enk draf,

Und schleich mi staat davon.


Kaum bin i fort, so bringt die Magd

A Ringl mit an Stein:

»Herr Herrschaftsrichter! I glab wohl,

Des wird das Ihre sein;[127]

Is drunten af der Ohnricht g'legn,

Hot g'stunken wie die Pest:

Itzt konn i mir gar wohl erklär'n,

Was in der Supp is g'weßt.«


Der wird enk wie a Feuer roth,

Verzählt sein' saubre G'schicht.

»Bitt tausendmal, verzeihn's ma halt,

Mit Fleiß geschah es nicht.«

I glaubt', es würd' statt Suppe da

Ein warmes Wasser sein,

Und wusch halt, ich gesteh' es ja,

G'sicht und Händ hinein.


Der Goasbockmonn erhielt das Geld

Zu einem neuen Bock;

Doch ich erhielt für diese That

Den Lohn mit einem Stock.

Der Herrschaftsrichter wurde noch

Nachmals oft ausgelacht,

Und ich trag seit der Zeit kein'n Ring,

Weil er mich – aufgebracht.


Quelle:
D. C. Müller: Gedichte, Aufsätze und Lieder im Geiste Marc. Sturms. Rorschach 1853, S. 122-128.
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