Die Promotion

zum

[103] Doctor der Medicin20.

Ei, G'vatter Veitl, grüß enk Gott!

Wo geht's denn heut schon zua?

Oes seids a Nachtn z'Lanzet g'weßt,

Was macht denn enka Bua?[104]

Er muß ja itzt schon ferti sein

Geht's gor a wen'g in's Wirthshaus rein,

Und trinkt's a halbi Weiß,

Und sagt's mar eppes Neu's.

»O Stoffelsmon! wos denksta denn,

Wie müaßi redst daher;

Ochs, firti konn a jeder sein,

A Dokter is glei mehr.

Mein Bub'n wennst siegst – dös is a Mon,

Da muß da alls 'n Hut ro thon;

Denn dös konn i dir sogn,

Den hobn's zum Dokter g'schlogn.«

Zum Doktor g'schlogn? Ums Himmelswillen!

Itz muß a dös do sogn,

Bist selba in der Stadt drin g'weßt,

Und laßt dein Bubn so schlogn.

Dein Michala ist sonst so gut,

Der wahrhaft koana Seel nix thut,

Giebt als auf guti Wort,

Itzt theans 'no do den Tort.

»Itzt sieht ma's holt, daßt in dein Leb'n

A so wos nie host g'segn;

Host g'moant, wenn oana Dokter wird,

Traktirt ma'n glei mit Schläg'n?[105]

Na na! so weit is dengast net,

Doch mein, was hilft denn mi mein G'red,

Ich muß dös geh grod sogn,

Wos hoast: an Doktor schlogn.

In aller Fruh um zehn Uhr schon

Kommt d'Schäsi vor sein Haus;

Mein Sohn, ganz schwarz wie a Kaplon,

Sagt; Vater, ich fahr aus;

Geht's nur ins sel groß' Haus dort 'nein,

Und sagt's, ös thuat's mein Vater sein,

I geh a weil voron,

Oes secht's mi nacha schon.«

»I komm denn richti ins sel Haus,

Begegn't mir do a Herr

Und frogt mi so Verschied'nes aus,

Und endli, wer i wär?

I sog, i bin der Lederer Veit,

Bin füra hint von Tirschenreuth;

Mein Sohn hot hier studirt,

Und wird heut prumavirt.«

»So, so, sagt der, an anders Korn!

Seids ös von Tirschenreuth?

Non non, itzt habt's halt non dalebt

A recht a große Freud.[106]

Itzt kummt mein Sohn und non a Herr

In goldburtirten Krogn;

Sie hoaß'nan Rektor Mifikus,

I konnt des net recht sogn.«

»Der winkt und itza genga's all

Von dera Stub'n heraus,

Und genga in an großen Saal,

So groß fast wie mein Haus.

Und oana steigt af d'Kanzel nauf

Und hinten nach mein Bua,

Und unten uma sitzen viel

Und schaug'n dem Ding so zua.«

»Z'erst redt, der obern Bubn is g'weßt

Und liest an ganzen Schwarm;

Glei drauf mei Bua sein Schrift vorlest,

Net kalt und a net warm.

Af oamal fallt's mein Micherl ein,

Als gebat'ns der Satan ein

Zu zanken und zu streiten

Herunten mit den Leuten.

Er ruft oan af, der neb'n mir sitzt,

Und hebt on z'disputiren

Und streit holt do, als müaßta si

Für's ganzi Boarland wihrn.[107]

I woaß, er hot von Jugend af

Den Fehler g'habt, sonst war a brav;

S' letzt' Wort dös müßta hobn,

Und warfst'n in an Grob'n.

I wink'n freili an etlimal,

Und gib ihm's zu verstehn,

Daß oanmol und für allemal

Das Nachgeprotz net schön.

Ja ja, wos merkt der af mein Red'n,

A Starrkopf is mein Lebta g'we'n;

Der schimpft halt fort und fort,

Hat allemal 's letzte Wort.«

»Und Wien i sieg, daß alls nix hilft,

Daß er af mir nix geht,

So stoß i 'n denn in d'Seiten 'nein,

Der neb'n mir doni steht:

Ihr Gnadn! nehmas sis nit so g'nau,

Am Land do wern die Bubn so rauh,

I will hernacha schon

Mei Schuldigkeit non thon.«

»Der lacht und sitzt sie nieder itzt,

Der G'scheidere gibt nach.

Mein Bua gibt aber non koan Ruh

Und schimpft halt wie a Drach,[108]

Itzt ziegt er über an andern los

Und walkt'n wie a Buttersos,

Und so macht er's af Ehr

Von deni Herrn non mehr.

Und wien er denn so gor arg is,

So kummt – itzt wirst daschrecka,

A Paar hübsch starke Manna 'rein,

Und hob'n verguldi Stecka.

So, hob i denkt, itzt kriegst dein Theil,

G'hört hätt's da freili allemal,

Dein Schimpfa zu vertreib'n;

An andersmal loß 's bleib'n.«

»I sog do zu die Mannaleut,

Die diese Stecka trogn.

Sie soll'n an fein, i bitt' s'gor schön,

So gor arg do net schlogn!

Sie därften's umasonst net thon,

I komm hernach zu ihna schon;

Mein Bua is sonst recht gut.

Nur hat 'r a hitzis Blut.«

»Die lacha, genga af ihn zu

Und haltnan d'Stecka für;

Der peckt mi seini Finger draf

Und sagt an etli Schwür.[109]

Und wien i glabt hob, itzt schlogn's zu,

Und will schon schreia: Mein, gebt's Ruh!

Do steigta von sein Stand,

Und gibt 'n Rekta d'Hand.«

»Der lobt'n do, bezeigt sein Freud'

Und sagt, itzt sei er frei.

Und Bruder denk, der Zank und Streit

War bloße Narretei.

Sie hob'n sie all nur schön so gestellt

Und mi als wie an Fuchsen prellt;

Denn Bruder, solchi Spaß

Die san n' Bauern z'raß.

Denn wie i nach der Schuldigkeit

Im Portuerstübel frog,

Und denk ma, daß doch wohl a Guld'n

A siebenthalb kosten mog;

So kummt der Herr Pudell daher

Und sagt: Herr Veitl, es macht net mehr

Als hundert achtzig Gulden

Und fufzg einklagti Schulden.«

»Drum siegst itzt selba gor wohl ein,

Wos 's hoaßt, a Dokter wern:

Begreifli werd's da do wohl sein,

Sonst hol i a Latern.[110]

A Dokter wern, i sog ders frei

Is nix, als wos a Narretei

Beim Lipperl af der Post,

Nur daß di mehra kost.«

20

Das Ceremoniel bei einer Promotion ist folgendes: Der promovirende Arzt fährt mit seinem Präses und dem Rektor in das Universitätsgebäude. Dort besteigt er den Disputations-Katheder und vertheidigt gegen die unten sitzenden Opponenten (meistens auch Professoren) seine aufgestellten Streitsätze, je tapferer je besser. Ueber ihm sitzt der Präses, um ihm, im Fall er stecken bliebe, aufzuhelfen. Nachher werden die zwei vergoldeten akademischen Szepter hereingetragen, worauf er die Finger legt und schwört, die Pflichten als Arzt zu erfüllen etc. Jetzt gibt er dem herunten sitzenden Rektor Magnifikus den Handschlag, der ihn dann zum Doktor kreirt und ihm gratulirt. Dieses Ceremoniel kostet circa 200 fl. Der Vater, wenn er anwesend, nimmt seinen Platz neben den opponirenden Professoren ein.

Quelle:
D. C. Müller: Gedichte, Aufsätze und Lieder im Geiste Marc. Sturms. Rorschach 1853, S. 103-111.
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