Die Schlummernde

[149] Mein Mädchen war entschlummert

In einer Rosenlaube;

Da sandt' ihr gleich Kupido

Ein Heer von Liebesgöttern.

Der schlug die goldnen Flügel,[149]

Die Wangen ihr zu kühlen,

Der band sich Myrtensträuße,

Die Mücken wegzujagen,

Und Andre winkten drohend

Den Vögeln in den Lüften,

Die sie erwecken wollten

Mit fröhlichen Gesängen.

O nektarsüßer Schlummer,

Wie hingest du voll Liebe,

So wohlgefällig lächelnd,

An ihren Augenwimpern!

Und Amoretten blickten

Mit großen Flammenaugen

Aus ihren blonden Locken,

Und ließen Pfeil' auf Pfeile

Wie spielend um sich fliegen.

Und doch, ihr kleinen Schützen,

Auch spielend mit dem Bogen,

Habt ihr mein Herz getroffen![150]

Quelle:
Wilhelm Müller: Gedichte. Berlin 1906, S. 149-151,235.
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