Frühling der Liebe

[145] Draußen tobt der böse Winter,

Und die Blumen, die er knickte,

Malt er höhnisch an die Fenster

Mir in bleichen, starren Bildern.

Winter, stürme nur und brause!

Machst mich doch nicht mehr erzittern.

Denn aus meines Herzens Grunde

Lass' ich einen Frühling sprießen,

Den der Schnee nicht kann bedecken,

Den das Eis nicht macht gefrieren,

Einen Frühling, dessen Sonne

Ist das Auge meiner Liebsten,

Dessen Luft und Duft ihr Odem,

Dessen Rosen ihre Lippen,

Und ich schweb' als junge Lerche

Drüber hin mit meinen Liedern.

Quelle:
Wilhelm Müller: Gedichte. Berlin 1906, S. 145.
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