An Laura, als sie Klopstocks Auferstehungslied sang

[75] Herzen, die gen Himmel sich erheben,

Thränen, die dem Auge still entbeben,

Seufzer, die den Lippen leis' entfliehn,

Wangen, die mit Andachtsglut sich malen,

Trunckne Blicke, die Entzückung stralen,

Danken dir, o Heilverkünderin!


Laura! Laura! horchend diesen Tönen,

Müssen Engelseelen sich verschönen,

Heilige den Himmel offen sehn,

Schwermuthsvolle Zweifler sanfter klagen,

Kalte Frevler an die Brust sich schlagen

Und wie Seraph Abbadona flehn!
[75]

Mit den Tönen des Triumphgesanges

Trank ich Vorgefühl des Ueberganges

Von der Grabnacht zum Verklärungsglanz!

Als vernähm' ich Engelmelodien

Wähnt' ich dir, o Erde, zu entfliehen,

Sah' schon unter mir der Sterne Tanz!


Schon umathmete mich Himmelsmilde,

Schon begrüßt' ich jauchzend die Gefilde,

Wo des Lebens Strom durch Palmen fleußt!

Glänzend von der nähern Gottheit Strale

Wandelte durch Paradiesesthale

Wonneschauernd mein entschwebter Geist!

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 75-76.
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