Ein Lied Chastelards

[19] Sehnsucht ist Qual!

Der Herrin wag ich's nicht zu sagen,

Ich will's den dunkeln Eichen klagen

Im grünen Tal:

Sehnsucht ist Qual.


Mein Leib vergeht

Wie schmelzend Eis in bleichen Farben,

Sie sieht mich dursten, lechzen, darben,

Bleibt unerfleht –

Mein Leib vergeht.


Doch mag es sein,

Daß sie an ihrer Macht sich weide!

Ergetzt sie grausam sich an meinem Leide,

So denkt sie mein –

Drum mag es sein.


Sehnsucht ist Qual!

Dem Kühnsten macht die Folter bange,

Ein Grab, darin ich nichts verlange,

Gib mir, o Tal!

Sehnsucht ist Qual.


Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 19-20.
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