LVII
Der wilde Hutten

[439] Glückselig schreit ich hier im Abendglanz,

In klaren Lüften zittert Mückentanz.


Das Heute war so sonnig, wolkenrein,

Das Morgen wird noch wolkenloser sein.


Ein Zug von Tagen warm und wonniglich

Geleitet zu den Todesschatten mich.


So heiter glaubt ich nicht davonzuziehn,

Der wilde Hutten fährt in Frieden hin.


Nicht allzu köstlich, reiche Erde, hast

Du mich bewirtet, deinen armen Gast!


Nun nehm ich Urlaub und zur Scheidezeit

Erweisest du mir alle Lieblichkeit,


Nun geh ich und du sprichst mit leichtem Sinn:

Du wanderst, Hutten? Sieh, wie schön ich bin!

Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 439.
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Huttens letzte Tage, Engelberg