LVI
Reife

[437] Es wendet sich das Jahr, die Welle raucht,

Mein Eiland ist in Morgenduft getaucht.


Vor mir in herbstlicher Verschleierung

Bewegt sich einer Barke Ruderschwung.


Herüber glänzt durch schwankes Nebelspiel

Die hochgetürmte Burg von Rapperswyl.


Zu Häupten mir durch hellre Schleier bricht

Das süße Blau, das warme Sonnenlicht;
[437]

Und schwerer hangt die Traube schon am Schaft,

Sie schwillt und läutert ihren Purpursaft,


Sie fördert ihre Reife früh und spat –

Was meinst du, Hutten? Auch die deine naht!
[438]

Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 437-439.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Huttens letzte Tage
Huttens letzte Tage. Eine Dichtung.
Conrad Ferdinand Meyer: Huttens letzte Tage / Das Amulett/ Der Schuß von der Kanzel
Huttens letzte Tage, Engelberg