Zweites Kapietel

[20] In derselben Nacht war drüben bei Hafenmeister Lau auch 'n klein süßen Jung angekomm und hieß Pe Ontjes Lau, und Rieke Thomsen war gar nich mit bei gewesen.

Der Junge hatte sich selbst geholfen.

Ja! – So war lütt Pe Ontjes Lau![20]

Pe Ontjes Lau! – Wer kennt ihn? –

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Drei Tage ßpäter half Rieke Thomsen Male Twintichsöth, Kai Jens Twintichsöths – des Deicharbeiters – Eheweib, von ihr erstes Kind.

War auch 'n klein niedlichen Buttje das!

Kuddl! So nannten sie ihn.

Kuddl Twintichsöth.

Hatte 'n roten Flecken auf der Brust und ne klein fein empfindliche Seele. Kuddl! –

»Seht seine Augen,« saachte immerzu Jan Friech Buhmann – das war der Schmied –, »wie hee se verdreht, dat man bloß dat Witte to sehen kreegt, dej möt Pastor weren,« – pulterte mit sien ßteife Ledderhaut, als wenn 'n Berchwerch einfiele und plinkte so ßtaark mit den Augen, als wäre in jedes ein Brummer geflogen.

Von voorne sah er noch ganz gut aus.

Aber von hinten war es sehr schlimm.

War da viel versunken schlappes Hosenzeuch gewissermaaßen und ein dürren Ledderßtreifen, –

»Ja,« fügte er hinzu, »der wird mal aus Hilligenlei Heilig-Land machen. Nöch?«

Und er gewann den Kleinen lieb und der Kleine erßtaarkte in seinem Umgang.

Quelle:
Gustav Meyrink: Gesammelte Werke, Band 4, Teil 2, München 1913, S. 20-21.
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