Der fremde Bauer

[35] Ein Mann mit einer Sense tritt

zur Dämmerzeit beim Dorfschmied ein.

Der schlägt sie fester an den Stiel

und dengelt sie und schleift sie scharf

und gibt sie frohen Spruchs zurück

und frägt sein wer? woher? wohin?

und lauscht dem Fremden offnen Munds,

als der ihm dies und das erzählt.

Und wie die Rede irrt und kreist,

berührt sie auch das letzte Los,

das jedem fällt, und – »Unverhofft!

so möcht' ich hingehn!« ruft der Schmied –

und stürzt zusammen wie vom Blitz ...

Die Sense auf der Schulter geht

der fremde Mann das Dorf hinab.

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 2, Basel 1971–1973, S. 35-36.
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