Der ander reissig.

Das allein die Lutherischen das ewangelium vnd die warheit leren / vnd sunst die gantz welt mit

lügin vmb gat.

[169] Nvn hat mich got doch wol erfröwt,

Das mir ist von dem bunt geseit,

Der ietz vff gat wie gegenhoffen;

Das besseret sich vmb ein bachoffen

In hundert vnd fierzehen iaren,

Den ein burger bei den thoren

Gestossen hat vß seinem huß

Für die stat zůr muren vß.

So in disem bunt nun sind

Also mancher můter kind,

Doctores, ritter, redlich lüt,

So wil ich mich ietz sumen nüt

Vnd wil auch behilflich sein den dingen,

Das wirs mit gewalt hie durch tringen.

Mein roß ist ylend mit der dat,

Ia wie der bunt auch bald vff gat.

Die andern hon sich nit genant,

Das ist kein eer vnd me ein schant.

Ich wil mich nennen dapfferlich,

Anthoni hurri der bin ich.

Bekantlich bin ich her gestelt,

Zů Augspurg kent mich alle welt.

Das wir nun vnsere find baß schenden

Vnd den gemeinen man verblenden,[169]

So riemen euch auch vmbundumb,

Wie wir das ewangelium

Vnd allein die warheit sagen,

Vnd alle andern lügen tragen,

Wie sie on geschrifft die welt betriegen

Vnd alles, das sie sagen, liegen.

Rieffen stetz vnd hört sie nim

Schrifft / schrifft mit luter stim![170]

Götlich geschrifft vnd heilige geschrifft,

Vnd was der selen heil an trifft,

Sůchen wir so manigfal,

Wie dem esel der sack empfalt.

Mit dem ewangelium vnd der warheit,

Vnd was die heiligen geschrifften seit,

Wan wir vnß beriemen der,

Als dan würt für gon vnser ler.

Laßt euch bekümern nit damit,

Ob schon die geschrifft das meldet nit,

Noch dannocht sagtz on alle schand,

Wie das es warlich dinnen stand,

Zů leid můß es in dinnen ston,

Ja wan in brech der buch daruon!

Wan sie dan fragen, wa es stat,

So sagt, es stand im weissen blat.

Gon, fůchtz in aller tüffel namen!

Wer luthers ist, můß sich nit schamen,

Zů riemen sich der heiligen geschrifft.

Vnd was die narrenkap betrifft

Wer wolt doch disen bunt an nemen,

Wan er zů liegen sich müst schemen?

Die cristlich freiheit tregtz vff ir,

Zů liegen sei erlaubet dir,

Ists den türcken vnd den heiden

Erlaubt zů liegen inen beiden,

Vnd wer vnß armen cristen geroten,

Ein cristlich lügin gar verboten,

So würd der cristlich glaub ab gon

Vnd niemans me sich teuffen lon.

Darumb das vnsere sacrament

Beleiben biß der welt zů end,

So sei zů liegen erlaubt iederman;

So würt die luthery bestan.


Quelle:
Thomas Murner: Von dem großen lutherischen Narren, in: Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke, Band 9, Straßburg 1918, S. 169-171.
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