Der drit buntgnoß.

Ein ermanung aller cristen / das sie sich erbarmen vber die klosterfrauwen.

[128] Ich bin der drit, der hie wol ziert

Vnd disen narren reyen fiert;

Ich bin selber hie, dörfft euch nit segen,

Von aller klosterfrawen wegen;[128]

Dan das herumb bucken thůt

Me dan ein iunckfreuwlicher můt.

Was sollen sie gefangen ligen,

Als die saw in einer stigen?

In eignem schmaltz also verderben?

Vil besser wer es, man ließ sie gerben.

Was darff man sie also schliessen yn?

Das leder wil doch gegerbt sein.[129]

Ein semlich pfar sücht iren lon

Vnd wil nit vnbesungen ston.

Ich folg dem wolff in disem rat,

Der zů dem hirten gesprochen hat:

»Ach lieber hirt, was zeihestu doch

Die armen schäflin in dem loch

Vnd zwingst sie in den engen stal?

Sie werden daruon krempffig al.

Laß sie sich doch ein mal ergon,

Das sie sich doch nit lam ston.

Ich red es von meinet wegen nit,

Für arme schäflin ich dich bit.«

Also erbarmen mich die armen kind,

Die in den klöstern beschlossen sind.

Lassen sie doch ein mal vmb sich sehen

Vnd dise welt ein mal erspehen,

Ob sie irs fůgs ein finden möchten,

Mit dem sie liebe kinder brechten.

Lassen sie doch ein mal rumplieren,

Das posteriorum auch complieren,

Gen blumers vnd gen baden fieren;

Die můter würt in sunst erfrieren.

Ach got, erlöß die armen kind,

Die vnsers fleisch vnd blůtz sind!

Ich red das als von irent wegen,

Sunst wolt ich nit ein schnel drumb fregen,

Wan sie schon alle in dem lůder legen.

Wan sie den hie vß verumplet haben

Mit den iungen frischen knaben,

Mag man sie dan wider lon

Wie vor in ires kloster gon.

Sie dienen got vil baß im orden,

Wan sie der welt sein mied worden;

Vnd laßt in ire freie wal,

Das sie sein vnbezwungen al.[130]

Ich hab es doch vor mals me gehört,

Wer ein freie wal begert,

Dem gibt man sie zů Nürenberg,

Wie er wil, schlecht oder zwerg.

So haben sie auch Christlich freiheit

In dem tauff inen zů geseit;

Warumb wolt man sie dan bezwingen,

Also in dem kloster lassen singen?

Darumb ich dritter buntgenoß sag

Von irent wegen bitter klag,

Das man in doch gün dise frödt

Vnd thü das bald, nit lenger beidt.

Quelle:
Thomas Murner: Von dem großen lutherischen Narren, in: Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke, Band 9, Straßburg 1918, S. 128-131.
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