Der drit sturm.

[224] Sein vnß zwen stürm geraten nicht,

Wer weiß, der drit gerat villicht.

Vnser gröster fint ist darin;

O hetten wir den mit gewin!


Ir frumen buntgnossen, hörn mir zů

Der klagen, die ich billich thů:

Ernstliche brieff die sein mir kumen,

Vß denen ich hab wol vernumen,

Das der murnar vnd murmauw

Die grose, feißte beckersaw

In die festin hat gethon,

Die selb vnß gern gewinnen lon;

Als wolt er damit zögen an,

Der krufftloß vnd omechtig man,

Das vnser sach sich nit würd fügen,

Nur zů letst ein saw hin trügen.[224]

Was der böß wicht kan erdencken,

Dem luther schanden an zůhencken,

Da sumpt er sich nit nacht vnd tag.

Das in der blix, das wetter schlag!

Der meineidig, eerloß man

Hat sich in ein stark schloß gethan,

Verbolwerckt vnd verriglet hart

Vnd zů der weren nichtz gespart.[225]

Was nur der luther sagt vnd schreibt,

Sein gespöt vnd iuff daruß treibt.

Künnen wir in nit bezwingen,

So würt vnß nimer me gelingen;

Er hindert vnß in allen dingen.

Der tüffel hat in lassen werden

Geboren eben vff der erden

Zu diser zeit vnd disem bunt,

Ach leg er tusent meil im grunt!

Mein lieben fründ, ich euch erman,

Das ir hie greiffen ernstlich an;

Wan wir den find erobert hant,

Dan nimpt erst vnser bunt bestant.

Hie lůgt, das ir als man bestat;

Dan er sich nit erschrecken lat.

Wir haben allen funt vnd list

Dem entendieb vor zů gerist,

Schmachbüchlin geschriben aller hab:

Der böß wicht rumpfft sich nit darab.

Wir hon ein drachen vß im gemacht

Vnd ein karsthansen herfür bracht,

Das hat der leichnam als verlacht.

Je me wir zornig hon geschriben,

Das wir in damit hindertriben

Vnd er vnß disem bunt nit schied,

So singt er vnß daran ein lied,

Wie wol im solchs hat vergolten

Brůder stiffel vnd gescholten;

Das hat er vber den lincken zan

Wie ein wolff gesehen an

Vnd die zen gebleckt daruan,

Der seeloß vnd der krufftloß man.

Wir hon darnach ein list erdacht

Vnd ein fabel herfür bracht,

Wie eins burgers weib zů nacht[226]

Hab sich zů im ins kloster gemacht,

Mit irer magt sei zů im gangen,

Die hab er sibenmal empfangen

In einer nacht, herumb her buckt

Vnd eins wolffsmal da verschluckt.

Als nun die magt mit irer frawen

Da heim im huß das hembd wolt schawen,

Solt die fraw gesprochen han:

»Kum magt, sihe mir das hembd doch an!

Ich habs dem münch da heim verwissen,

Wie hat er mir das hembd beschiffen!«

Dise fabel vnd disen dant

Dem münch in allem tütschen lant

Hon wir erdichtet im zůschant.

Wir meinten, das mit diser redt

Der münch sich gar verlauffen het,

Wer vß dem land gelauffen bald

Oder in einen weiten wald

Oder sich het ertrenckt im see,

Das in kein mensch seh nimerme.

Da lacht der rölling vnß daran

Vnd nam das für groß eren an,

Das er wer so ein dapffer man,

Vnd ließ sichs nit ein har verdriessen.

Er meint, er würd sein hoch geniessen,

Die weib, erwegt mit disen gferden,

Würden im erst günstig werden.

Verspot vnß erst mit lechlen, schweigen

Vnd bodt vnß dran ein welsche feigen.[227]

Als bald er nit daruff wolt geben,

Da bedachten wir ein fund daneben,

Ein katzenkopff vß im zůmachen;

Da fieng er erst recht an zůlachen

Vnd sprach, er eß gern blutte müß,

So lieff sein kopff auch sunst vol lüß,

Vnd danckt vnß dis kopffs gar eben,

Das im ein katzenkopff ward geben.

Darnach hon wir den grosen narren

Vmb gefieret in dem karren,

Im zůschanden vnd zů schmach,

So nimpt ers für ein eben sach

Vnd macht vnß dises büchlin dran.

Das in got schend, den öden man!

Der bößwicht wil nit lutherisch sein,

Verspottet vnß in narren schein[228]

Vnd treibt vß vnß ein affenspil!

Darumb ich trüwlich raten wil,

Das wir vnser leib vnd leben

An disen sturm mit ernsten geben.

Was wir vermügen, gůt vnd eer,

Zů disem sturm ein ieder ker,

Vff das wir disen feint verfellen.

Thun das best, ir lieben gesellen,

Al die den buntschů retten wöllen!

Wan diser feint zů scheitern gat,

Glauben mir, der bunt bestat;

Dan alle dis weil der münch bleibt

Vnd solch gespöt hie vß vnß treibt,

So went er von vnß manchen man,

Das vnser bunt nit mag bestan.

So lang so kurtz laßt er nit ab,

Als lang ich in erkennet hab.

Ich wolt dem tüffel ee ab gewinnen

Dan seinen bösen, listigen sinnen.


Luther.


Mvrnar / murnar, find ich dich do?

Des bin ich von hertzen fro,

Dan ich ietz in der keffig han

Den fogel, der nit weichen kan.

Kenstu mich auch, das ich bin der

Den man nent den lutherer,

Dem alle welt glauben git

Vnd niemans widerredet nit?

Was ich nur schreib, das nimpt man an,

Das niemans widersprechen kan.

Ich hab gerichtet vff ein bunt,

Dem nie kein mensch an sigen kunt,

Also starck vnd also groß,[229]

Warlich zů fůß vnd auch zů roß.

Dörffer, schlösser vnd die stet,

Vnd was da weer vnd muren het,

Das hat sich alles sampt ergeben,

Vnd wöln nun fürbaß lutherisch leben.

Allein thůstu ein widerstant

Wider alle stet vnd landt,

Vnd bringst dich selber auch zůschandt,

Vnd hast doch weder ruck noch macht,

Zů liffern vnserm bunt ein schlacht.

Beschlüßst allein dich in den muren;

Laß doch dein leben dich beduren;

Dan wiltu nit das schloß vff geben,

So gilt es dir fürwar dein leben.

Darumb so merck mein wort gar eben:

Gib vff das schloß, das rat ich dir,

Ee das wir stürmen siehen für

Vnd grosen kosten vff dich wenden,

Dich vnd als dein geschlecht zůschenden.

Dan müsen wir ein stürm an gon,

So kumpstu warlich nit daruon.

Es můß als sterben, weib vnd kind,

Al, die im schloß din bei dir sind,

Vnd du můst selb geredert werden,

Nackent ligen vu der erden.

Darumb biß dir vil gnediger, dan

Das du solchs dörfftest vnderstan.


Murner.


Lother / Lother, bistu fro,

Das du mich findest hie also?

Du soltst wol thůn ein finden hie,

Das dich nit bessert vor noch ie.

Hastu mich in der keffig dan,

So lůg darzů, greiffs weißlich an,[230]

Das ich dir nit entlauffen kan.

Du tröwest mir vil vnd wilt mich haben.

Mit fürtzen müst man mich begraben,

Wan ich von deinem treuwen stürb

Vnd mit schelten erst verdürb.

Verachtest vnß / schlechst vnß den muff,

Wir tragen doch kein schleyer vff.

Du würdst mit namen hon zůschaffen.

Darum so laß dein wort vnd klauffen,

Laß dein kunckel bei dem hert,

Es gilt ietz greiffen zů dem schwert

Dem bunt vnd alle, die es mit dir hant;

Wie die selben sein bekant,

Das wissen menschen vnd die lant.

Wan sie dan kumen alle zamen,

So hat ir keiner eer noch namen,

Vnd sein so eerlich nit betagt,

Das einer seinen namen sagt,

Vnd machen büchlin vff dem lant,

Die weder crütz noch namen hant:

Das acht ich für ein schelmen dant.

So hon ir vor nit vil gewunnen,

Da ir so schellig vnbesunnen

An der kirch ein sturm hon thon,

Allein das heilthům habt daruon.

Was das selb ist für ein gewin,

Das legen vß mit klůgem sin.

Der kan nit vil gewunnen hon,

Der esel / narren tregt daruon.

Ir habt nit vil der eer eriagen,

Als ir die suw habt dannen tragen;

Darumb wil ich gantz nit verzagen.

Ich hab ein grösern bunt bereit,

Die gantz vnd gemeine cristenheit;

Die glaub ich, wie mir das betagt[231]

Vnd der artickel klarlich sagt.

Es stot nit din, das weiß ich wol,

Das ich dem lutherer glauben sol.

Die selbig gemein hat vbergeben

Mir das schloß zů hieten eben.

Das wil ich thůn zů aller stund,

So lang mein athem gat vom mund.

Nun troß dich bald, mach dich daruon!

Ich laß ein schlangen vff dich gon,

Von deren du latyn vß lerst,

Das du die bein gen himel kerst.


Luther.


Gib frid, murmaw, vnd schüß noch nit,

Hör noch ein wort vm früntlich bit!

Das wil ich dir zů gůtem sagen

Vnd dich des rechten grunds betagen.

Die schmachbüchlin, die sie handt

Vß gespreitet in dem landt

Dir zů nachteil vnd zů schandt,

Verborgenlich, on allen namen,

Des sollen sie sich billich schamen.

Sie haben kein dienst mir dran gethon.

Ach hetten sie das vnderlon,

Wer vnser eer dest gröser schon.

Sie hon mit iren bůchlin gmacht,

Das mancher frumer vnß veracht

Vnd halt den gantzen bunt für nüt,

Vnd das wir seien lumpen lüt.

Nun haben wir kein schuld daran,

Das sie dir schmach bewissen han.

Ich kan dir auch nit vnrecht geben,

Das du dichs klagst dar neben

Vnd zürnest billich vber das

Mit lügin dir bewissen was.[232]

Doch laß das selbig ietzund stan

Vnd sihe die andern bei vnß an,

Vnd was wir hie für fenlin han.

Bei disem bunt auch cristus stat,

Der vnß in nöten nit verlat.

Die cristlich warheit ist auch hie,

Die vnß verlassen hat noch nie.

Cristlich freiheit, das ewangelium

Würt gehalten vmb vnd umb.

Die selben soltu sehen an

Vnd nit, wer dir hat schmach gethan.

Darumb eracht die sach der frist,

Wie sie doch an ir selber ist.

Gib vff das schloß hie vnberwungen,

Es das du darzů würst getrungen.

Thůstu das, so ists mit heil,

Du tregst sunst hie sein leben feil.

Ermeß den handel, bistu weiß,

Vnd bruch zů leben grösern fleiß.

Es gilt dir nit ein riemen zwar,

Sunder den leib vnd haut vnd har;

Darumb so nim dein besser war.


Murner.


Es gilt ietzunder wörtlin nit;

Doch vmb gethone früntlich bit

Gib ich ein kurtze antwurt dir

Vff solchs, das du haltest für

Mit den schmachbüchlin allensant,

Die vß gespreitet sein im lant

Mir zů schmach vnd auch zůschant.

Es ist geschehen, ligt am tag,

Das niemans solchs löcknen mag.

Wan es euch schon leidt allen wer,

Damit hab ich kein widerker[233]

Meins lebens vnd auch meiner eer.

Darumb gib ich ein kurtzen bscheit:

Was ir mir habt gethon zů leit,

Das wil ich euch mit gleicher massen

Nichtz an der plannen kleben lassen.

Wan ich euch wol bezalet hab,

Vnd wölt euch nachgonds halten ab,

Dan wil ich mich lon gietlich finden,

Befriden lassen, wider frinden.

Das aber cristus bei euch stant,

Wie ir das selb geredet hant,

Verlaß sein gantze cristenheit

Vnd hab euch beistant zů geseit,

Das wil ich kurtzab glauben nit;

Darzů hilfft weder flehe noch bit,

Ich wenck mich darab nit ein drit.

Das ir der warheit euch beriemen

Vnd euwern handel felschlich bliemen

Mit dem ewangelium,

Das halt ich für ein bůbentrum.

Die cristlich freiheit, die ir begeren,

Die ist, das ir gern ledig weren,

Zinß vnd gült vnd zol zů geben.

Got geb! wa wer ein cristlichs leben?

Darumb kurtz ab, hie wenig wort.

Luther, züch ab von disem ort,

Ich send dir sunst ein botten dar,

Das du nit kumpst me schwetzen har.


Luther.


Hor noch eins,woltz dir gfellen,

So wolt ichs halten für den gesellen,

Ob wir etwas möchten raten

Zů diser kleglichen daten,

Das nit wir tütschen also machten[234]

Blůt vergiessen, findtlich schlachten

Vnd selbs einander vmb wöln bringen.

Wer weiß, got möcht in disen dingen

Villeicht ein solichs mittel finden

Vnß zů nutz vnd vnsern kinden.

Darumb wil ichs in halten für

Vnd wider kumen her zů dir.


Murner.


Was iederman gůtz reden kan,

Das wil ich gern mir sagen lan;

Gefeltz mir dan, so nim ichs an,

Gefeltz mir nit, so laß ichs stan.

Doch soltu dis ietz mercken eben:

Dises schloß zů vbergeben

Der frumen gemeinen cristenheit,

Das sei dir ietzund vor geseit,

Das ich daruon kein wort wil hören;

Du würdst michs auch nit anders leren.

Das ich verlassen solt die gemein

Vnd ston zů einem buffen klein,

Dunckt mich der grösten dorheit ein.

Quelle:
Thomas Murner: Von dem großen lutherischen Narren, in: Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke, Band 9, Straßburg 1918, S. 224-235.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Von dem großen lutherischen Narren
Von Dem Grossen Lutherischen Narren. Hrsg. Von Paul Merker
Murner, Thomas; Schultz, Franz: Thomas Murners deutsche Schriften / Von dem großen Lutherischen Narren (Kritische Gesamtausgaben Elsassischer Schriftsteller Des Mit)
Von dem großen lutherischen Narren
Von dem grossen Lutherischen Narren
Von dem grossen Lutherischen Narren. Hrsg. von Paul Merker (German Edition)

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Unsühnbar

Unsühnbar

Der 1890 erschienene Roman erzählt die Geschichte der Maria Wolfsberg, deren Vater sie nötigt, einen anderen Mann als den, den sie liebt, zu heiraten. Liebe, Schuld und Wahrheit in Wien gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

140 Seiten, 7.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon