Der x. buntgnoß.

Nüwe statuten, die Psitacus gebracht hat vß dem land Wolfaria, reformierung des geistlichen stands.

[146] O Junckfraw adelheit mit der luten,

Ich bring euch alle nüwe statuten;

Fröwen euch, ir frumen nüwen cristen!

Wan ir gemeinlich alle wißten,

Das ich hie bin zů gůten tagen,

Ir würden mir got wilkum sagen.[146]

Ich wil die geistlichen reformieren,

Das sie ein anders wesen fieren.

In der kirchen vor allen dingen

Sol niemans betten oder singen,

Als das die pfaffen haben gethon;

Das wöllen wir als vnderlon

Vnd etwas bessers thůn dan das,

Wie heppen, axt gehelmet was.

Darumb ich bit, verston mich baß.

Der cristlich glaub gibt vnß fridt,

Den wöllen wir verschmahen nit,

Mit hertz vnd beiden henden nemen

Vnd alle büchsen tragen zůsemen,

Verschmeltzen vnd glocken daruß machen,

Die müssen hangen vnder den dachen

In den kirchen vmb vnd vmben,

Das sie dapffer ynher brumen.

So wöllen wir lüten vnder den dachen,

Das vnß die lenden müsen krachen.

Das sein die besten cristen lüt,

Die da haben das best gelüt

Vnd vnder den glocken haben den kern;

Wir narren lüten on das gern.

So manchs mensch zůr kirchen wil gon,

Das sol ein eigne schellen hon;

Darnach wir auch das haben wöllen,

Das der priester hang vol schellen,

Als vor zeiten Aaron hat.

So bald er vber altar gat,

So sollen weiber vnd die man

Alle glocken ziehen dapffer an,

Lüten / lüten drithalb stund

Vß andacht vnd von hertzen grundt.

Der sol vnß sein ein geistlich man,

Der am lengsten lüten kan.[147]

Vff das kein mangel sei am lüten

Vnd schellen gnůg zů allen zeiten,

Sol man dem adel hoch verbieten,

Das sie sich ewig darfür hieten,

Keim federspil kein schel an hencken,

Die schellen alle zůn kirchen schencken

Vnd auch die schellen klein vnd groß,

Die in dem schlitten hon die roß.[148]

Wer in seinem letsten end

Schellen macht im testament

Zů der kirchen, zů dem thon,

Dem sol man zwölff stund lüten lon;

Damit sei er begangen schon.

Quelle:
Thomas Murner: Von dem großen lutherischen Narren, in: Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke, Band 9, Straßburg 1918, S. 146-149.
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