wie der groß lutherisch nar mit fast hefftigen worten můß beschworen werden. etc.

[97] Ich hab vor fierzehen gantzer iaren

Allein die kleinen närlin beschworen,

Jetz wil es an die buntriemen gan,

Wie ich die grosen beschweren kan.


Ich mag wol erst von vnfal sagen,

Das ich in meinen alten tagen

Von dem karren kum erst in den wagen;

Ich meint, mein beschweren wer beschehen.

So hab ich erst zů letst gesehen

Ein grosen narren zů gerist,

So groß der Cristoffel in dem spittal ist,

Der dannocht lang ist dreissig elen.

Solt ich ein narren vß erwelen,

So fünd ich doch kein stoltzern mer,[97]

Der also für geschlittet her;

Vnd het das gesicht mich nit betrogen,

Elff roß vnd narren haben daran gezogen.

Wan ich sie euch nant, ir würden sie kennen,

Doch wil ich ir hie keinen nennen.

Ich schwer bei aller narren oren,

Das nie kein grösere narren waren.

Ja wol, wan ir sie kanten eben,

On eidt würden ir mir glauben geben.[98]

Wan sie als gleich einem hasen weren

Als grosen narren / würden ir hören,

Das sie die hund in kurtzer zeit

Zerrissen hetten mit der hüt.

Mein leib vnd leben zittert darab!

So bald ich in ersehen hab,

Den grosen, stoltzen narren ziehen,

Ich fieng an in ein winckel fliehen,

Ja wol verschloff mich bald beseitz

Vnd macht für mich das heilig crütz;

Wie wol wer sich vor narren segt,

Der stot steiff / wie der wint da wegt,

Riefft an drei namen hoch mit fliß:

Narrabo / narrabis / narrabitis.

So bald ich dise namen drei

An riefft vnd die Luthery,

Da ward ersterckt mein hertz vnd gemüt;

Ich riefft bald, o got behüt

Mich vor disem grosen narren,

Der da her schlit vff dem karren!

So bald fiel mir in meinen sin,

Das ich ein narrenbeschwerer bin

Vnd hab vor auch beschworen hie,

Wie wol so grosen narren nie,

Der also schlittet in dem schne.

Ich sprach: in nomine domine,

Coram nobis iudex curie,

Henßlin / grettus / constitutus,

Emit / vendit beck fututus,

Ipse est bonorum specificatio

In narribus narratio.

Stoßt an, gecken Jecklins garten,

Die sauw / der vnder vff der karten!

Schab ir die hörner in kranckorum

Est in framentis / fragmentorum[99]

Crucis / cretzis / exorcismus,

Barbaralexis, soleocismus,

Celantes / dabitis / frisesomorum,

Scolasticus / scolasticorum.

Als ich die wörter alle gesprach

Vnd mich der groß nar zornig sach,

Faßt ich mein hertz in beide henden.

Der groß nar fieng sich an zů wenden,

Als bald er dis beschweren hort,

Das angesicht er gleich von mir kort

Vnd mocht die starcken wort nit hören.

Da fieng ich in erst an beschweren,

Spuwt in mein hend vnd greiff in an,

Wie ich den narren beschweren kan:

Stant stil vnd reck kein ader nit!

Du můst mich hie bescheiden mit

Vnd nit hie weichen von der stat,

Mir sagen, wer dich gemachet hat,

Wer dein vatter / dein můter ist,

Vnd warumb du gemacht bist,

Auch warumb du bist also groß.

Das selb du mich bald wissen loß;

Ich würd dich sunst grusamer beschweren,

So du dich woltest vor mir weren.

Ich hab noch andere wörter me

Wa ich die sprech, es thet dir we,

Vnd würdest erfrieren in dem schne.

Quelle:
Thomas Murner: Von dem großen lutherischen Narren, in: Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke, Band 9, Straßburg 1918, S. 97-100.
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Murner, Thomas; Schultz, Franz: Thomas Murners deutsche Schriften / Von dem großen Lutherischen Narren (Kritische Gesamtausgaben Elsassischer Schriftsteller Des Mit)
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