XLI. Brief.

[318] (Diese drei Briefe, welche hier folgen, hatte der Magister in den seinigen an den Doctor Bartlett abschriftlich eingelegt.)


An den Herrn v.N.

Wilmershausen den 18 Sept.


Hochwohlgebohrner Hr. Erb-Lehn- und Gerichtsherr auf Kargfeld und Dürrenstein,

Gnädiger Herr,


Ew. Hochwohlgebohrnen kann ich nicht unverhalten lassen, daß mir die Ergebenheit, mit welcher ich Ew. Gnaden zugethan bin, ein großes Unglück über den Hals gezogen, daß ich die Hände über dem Kopfe zusammenschlagen muß. Ob ich gleich meinem Amte als ein rechtschaffener und treuer Haushalter nun in die 19 Jahre bei dem Herrn v.W. vorgestanden habe; so hat er[319] mich doch heute unvermuthet, und da ich ihm nicht die geringste Ursache darzu gegeben habe, aus seinen Diensten entlassen, und dabei vorgewendet, ich hätte mich von Ihnen bestechen lassen, und zu ungewöhnlicher Zeit Thür und Thor aufgesperret, und dadurch verursachet, daß Sie den Herrn und die gnädige Frau auf den Tod erschrecket hätten. Ich dachte, was für große Fische ich dabei fangen würde, wenn ich gegen Ew. Gnaden so dienstwillig wäre, und mich bereden lies, Ihnen zu willfahren; aber diese Gutwilligkeit hat mich um meine Versorgung gebracht, und wenn mir Ew. Gnaden nicht helfen, so habe ich mich zwischen zwei Stühle niedergesetzt. Die gnädige Frau sagte, da ich sie bat, wegen einer so geringen Ursache mich doch nicht mit Weib und Kindern aus dem Edelhofe zu verstoßen, in welchem ich länger gewohnt habe, als sie selbsten, ich sollte mich nur an Sie halten, Sie brächten mich um mein Stückgen Brodt und müßten mich auch nun ernähren. Ich thue Ihnen also meinen Unglücksfall zu wissen, in Unterthänigkeit[320] bittende, Ew. Gnaden wollen mir armen verlassenem Manne nebst Weib und Kindern den nöthigen Unterhalt verschaffen; weil Sie doch die alleinige Ursache sind, daß mein Amt von mir ist genommen worden, sonst würden wir ach und weh! über Sie schreien müssen. In der Hoffnung, daß Sie mich bald durch eine gute Nachricht werden erfreuen lassen, verharre ich

Ew. Hochwohlgebohrnen

unterthäniger Diener,

Peter Bornseil,

gewesener Verwalter in Wilmershausen.

Quelle:
Johann Karl August Musäus: Grandison der Zweite, Erster bis dritter Theil, Band1, Eisenach 1760, S. 318-321.
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