8.


Der wiederauflebende Hermippus.

[11] Reinesius giebt von der Inschrift eines alten vorgefundenen Monuments Nachricht, für dessen Aechtheit er übrigens nicht bürgt. Sie ist folgende:


AESCULAPIO. ET. SANITATI.

L. CLODIUS. HERMIPPUS.

QUI. VIXIT. ANNOS. CXV. DIES. V.

PUELLARUM. ANHELITU.

QUOD. ETIAM. POST. MORTEM.

EIUS.

NON. PARUM. MIRANTUR. PHYSICI.

IAM. POSTERI. SIC. VITAM. DUCITE1.


Dieses gab einem bekannten verstorbenen Arzt, J. H Cohausen Veranlassung, folgendes Buch herauszugeben,


»Der wiederauflebende Hermippus, oder Curioese physicalisch: medicinische Abhandlung von der seltenen Art, sein Leben[12] durch das Anhauchen Junger-Mädchen bis auf 115 Jahr zu verlängern, aus einem Römischen Denkmal genommen, nun aber mit medicinischen Gründen befestiget, und durch Beweise und Exempel, wie auch mit einer wunderbaren Erfindung aus der philosophischen Scheidekunst erläutert und bestätiget, von Johann Heinrich Cohausen etc. Gedruckt in der alten Knaben-Buchdruckerey. 1753«


In diesem Buch findet man folgende Erläuterung. Hermippus habe in einem Römischen Mädchen-Waisen-Hause oder Jungfer-Gymnasio das Amt eines Vorstehers oder Präceptoris verwaltet. Auch auf dem Titelkupfer findet man ihn auf seinem Lehrstuhl in einem Kreise von jungen Mädchen sitzen, von welchen er eins auf dem Schoos hält und den Athem desselben einhaucht, und zwey andere spielen zu seinen Füßen. Er wirft die Frage auf, ob es einem verständigen Manne dienlich und erlaubt sey, ein solches dünstiges Leben zu führen, damit er zu einem hohen Alter gelangen könnte? Er bejahet dieses, erinnert aber dabey, daß man sich der erwachsenen Jungfrauen nicht zu diesem Ende bedienen solle, weil das Anhauchen derselben lange nicht die heilsame Wirkung habe, als das von kleinen Mädchen; sie hätten vielmehr eine gewisse magnetische Kraft, die guten Säfte an sich zu ziehen. Auch warnt er, daß man sich ja alles Beyschlafens mit solchen jungen[13] Mädchen enthalten solle. Er belegt die Sache mit theoretischen Gründen und mit Erfahrungen, z.B. von dem König David und der Sulamithin. Zuletzt beantwortet er zwey Einwendungen.


1) Warum Salomo, bey der großen Anzahl seiner Weiber und Jungfrauen, nicht ein höheres Alter erreicht habe? Antwort. Wegen des beständigen Neides, Zankes und Eifersucht unter den 700 Königinnen. Hierzu kämen noch die 300 Kebsweiber, oder vielmehr soviel Nattern, soviel Brände, soviel unbändige Thiere, aufgeschwollene Wellen und böse Geister, welche durch Lügen, Betrug und Schmeicheley den König sich ganz zum Sklaven gemacht hätten. Endlich sey Salomo der Wohllust und Schwelgerey allzusehr ergeben gewesen, denn schon in seinem elften Jahr habe er, dem heil. Hieronymus zu Folge, seinen Sohn Roboam gezeugt.


2) Warum die Türkischen Sultane in ihrem Serrail kein höheres Alter erreichen? Dieses schreibt er der übermäsigen Geilheit der Türken zu. Sultan Selim, z.B. habe über hundert Kinder gezeuget, und Amurath der dritte sey Vater von 102 Söhnen gewesen, als er kaum das 50ste Jahr erreicht hatte, und nach seinem Tod habe er noch viele Concubinen schwanger hinterlassen.[14]

Fußnoten

1 Dem Aesculap und der Göttin der Gesundheit setzt dieses L. Clodius Hermippus, der 115 Jahre 5 Tage durch das Anhauchen junger Mädchen gelebt hat, worüber auch nach seinem Tod die Naturkundige sich nicht wenig wundern werden. Ihr Nachkommen lebet auch also.


Quelle:
[Nebel, Ernst Ludwig Wilhelm:] Medicinisches Vademecum für lustige Aerzte und lustige Kranken [...] Theil 1–4, Frankfurt, Leipzig 1795 (Bd. 1), 1796 (Bd. 2); Berlin, Leipzig 1797 (Bd. 3); Berlin, Leipzig 1798 (Bd. 4).
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