[Bittgedicht an die Maria Josepha, Königin von Polen]

[150] Josepha Königin

aus Kayserlichen Bluthe,

Dein Nahme Standt und Stamm macht Deiner schlechsten Magd

noch Hofnung, daß man sie von ihren Haab und Guthe,

nicht ohne ihre Schuld aus Deinem Lande jagt.

Ein Joseph ließe dort ein ganz Egypten speißen

als Herr in diesen Land gab er den frembden Brod,

wenn seine Brüder auch im Mangel zu ihm reißen,

so scheints, als will er nicht und hilfst doch ihrer Noth

es bricht sein mildes Herz, ihm jammern seine Brüder,

wenn unterdeßen gleich ihr Herze furchtsam klagt:

Der Mann sprach hart mit uns! sie kommen dennoch wieder,

wenn sie die Hofnung führt da sie ein Mangel plagt.

Daß Gott mit Joseph war, und alles was er thate

von Gottes Weißheit auch sein Glück und Recht erhielt,

zeigt, als er dazumahl bey seynem König bathe

für böße Brüder die das Bruder Recht verspiehlt

und voller Boßheit sich an ihm versündigt hatten,

der König doch Befehl sie zu versorgen gab;

des weißen Josephs Spruch kahm ihnen wohl zustatten

man nahm von ihnen gleich ihr hart Verbrechen ab;

Man sorgte für ihr Brod, man ließ sie redlich leben,

ein milder Joseph dem sein reines Herze brach

hat ihnen statt der Straf großmüthiglich vergeben.

Josepha Königin! ach sprich dem Joseph nach!

Dein hoher Nahme ist vom Kayser Joseph kommen,

durch dessen Hohe Krafft Dich Deine Weißheit ziert

von deßen Hoheit auch Dein Wohlseyn zugenommen,

daß iezt Dein Hoher Wehrt ein Land ein Reich regiert;[150]

Du sprichst Dein Hohes Wort für keine solchen Sünder

wie dorten Joseph that, nein! aus Gerechtigkeit

sprichst Du Lands Mütterlich für so viel Landes Kinder

die alle redlich sind. Rührt Dich mein Herzeleid,

rührt Dich mein wahrer Schmerz mit unumschranckter Gnade

mit einen milden Geist der die bedrängten hört?

so hinderst Du daß man mir also schade

daß unser redlich Werck mit Jammer wird zerstöhrt.

Ach! soltest Du nur erst der Sachen Umstand wißen

Ach! wäre Dir nur erst das ganze Werck bekannt,

Du würdest uns gewiß in Deine gnade schließen

Du ließest uns gar nicht aus Deinem treuen Land;

Du nähmst Dich unser an, Du hälffst die Unschuld schüzen

Dein Königliches Herz wär selbst für uns bemüht,

war Dir es nur bekannt was wir dem Lande nüzen,

wie unser Schauplaz Schand und leere Poßen flieht;

mit was für Ehrfurcht wir uns ordentlich bestreben

zu Deines Landes Ruhm die Kunst recht zu erhöhn

es könt unmöglich seyn Du göntest uns das leben

wir würden ganz gewiß bey Dir in Gnaden stehn;

So sind wir ganz versteckt vor Deinem Hohen Augen,

man macht uns Dir verhaßt, wir sind vielleicht verklagt,

Hier spricht kein Mensch für uns, daß muß zum Zeugniß taugen

wir wären gar nicht wehrt daß man uns Schuz zusagt.

Ach Große Königin sieh uns nur einmahl spiehlen

sieh nur von unsrer Kunst ein Lust ein Trauerspiehl!

Denn wird Dein reiner Geist selbst diese Wahrheit fühlen

und sagen es geschieht den Leuten doch zu viel!

wir wollen alle gern für unsre Kosten kommen,

wir wollen Dir mit nichts verhaßt beschwerlich seyn

da ich zu Deinen Thron die Zuflucht hab genommen,

so sage nicht erzürnt zu meinen Bitten nein!

Du trittst ja keinen Wurm wenn er Dir nichts kan schaden,

Dein Königlicher Fuß zieht sich gewiß zurück,

schenck uns als Würmern doch in Deinen Hohen Gnaden

was Gott und Fleiß uns giebt, durch einen Gnaden Blick!

Laß mich nicht unerhört von Deinem Throne gehen

es kostet Dir ein Wort mehr will ich nicht von Dir

Laß Deine große Gnad uns ihre Würkung sehen,

Du schenckst so vielen Brod, Josepha laß es mir!

Ich will uns nur damit zu Deinem Ruhm ernähren

und weil ich leben kan, mit allergrößten Fleiß

nach meiner Schuldigkeit Dein Hohes Herz verehren.

Sprich noch ein Wort für uns! daß es Dein König weiß;

und da sich über Ihn so viele Menschen freuen

und wir in diesem Fall fast nur die einzgen sind,

die voller Herzeleid bey Ihm um Gnade schreyen

so sprich! Dein Vorspruch gilt; daß ich Genade sind. –[151]

Wenn Große Königin dieß Blatt zu Deinen Füßen

in tiefster Ehrfurcht fällt, und Dir mein Elend klagt,

so dencke daß die Noth mich recht hat zwingen müssen

denn ohne diese bin ich furchtsam und verzagt.

Bey Deiner Gnade nur ist Hofnung mir zu rathen,

ein Ja ist schon genug; mein Bitte ist gerecht,

Du hilfst ja allen gern, so rett auch mich von Schaden

vergieb mir! Bring ich Dir gleich meine Worte schlecht. –


Quelle:
Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte. Band 5, Weimar 1892, S. 605.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Weiße, Christian Felix

Atreus und Thyest. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Atreus und Thyest. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen

Die Brüder Atreus und Thyest töten ihren Halbbruder Chrysippos und lassen im Streit um den Thron von Mykene keine Intrige aus. Weißes Trauerspiel aus der griechischen Mythologie ist 1765 neben der Tragödie »Die Befreiung von Theben« das erste deutschsprachige Drama in fünfhebigen Jamben.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon