1. Am Ersten Advent

[203] Zun Römern am 13.


Auff den 9. Psalm

Ich wil dich Herr von Hertzen Grund.


Auff, auff, die rechte Zeit ist hier,

Die Stunde wartet für der Thür,

Ihr Brüder, lasset uns erwachen,

Vergeßt der Welt und ihrer Sachen.


Bezwingt den Schlaff und kompt in Eyl,

Denn unser Liecht und Gnadenheyl,

Der rechte Trost und Schutz der Seinen,

Ist näher als wir selber meynen.


Die ungestirnte schwartze Nacht,

Hat ihren schwären Lauff vollbracht,

Der vielbegehrte Tag ist kommen

Und hat das Leyd hinweg genommen.


Legt ihr auch ab den dunckeln Schein

Der Wercke, die verborgen seyn,

Zieht an deß Liechtes helle Waffen,

Laßt nichts als nur die Sünden schlaffen.


Geht auff dem Weg der Erbarkeit,

Denckt, daß jetzt sey die Tageszeit,

Laßt wilde Saufferey und Fressen,

Dardurch wir unser selbst vergessen.


Lescht auß deß Leibes schnöde Brunst,

Seyt feind der falschen Liebesgunst,

Auch liebet nicht Zorn, Haß und Zancken,

Entsagt den neydischen Gedancken.


Zieht Jesus Christ, den Herren, an,

Sein Leben sey deß euren Bahn;

Versorgt den Leib, das Theil der Erden,

Und laßt ihn doch zu geyl nicht werden.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 203.
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