12.

[28] Ich gleiche nicht mit dir deß weissen Mondens Liecht;

Der Monde fellt und steigt, du bleibst in einem Scheine;

Ja nicht die Sonne selbst, die Sonn' ist gantz gemeine,

Gemein' auch ist ihr Glantz, du bist gemeine nicht,


Du zwingst durch Zucht den Neid, wie sehr er auff dich sticht.

Ich mach kein Heuchler seyn, der bey mir selbst verneine

Das, was ich jetzt gesagt; es gleichet sich dir keine,

Du bist dir ähnlich selbst; ein ander Bild gebricht,


Das dir dich zeigen kan, du bist dein eigen Glücke,

Dein eigenes Gestirn, der Schönheit Meisterstücke.

Du hettest sollen seyn, wie noch die Tugend war


Geehret als ein Gott, in der Welt ersten Jugend,

So were wol gewiß gewesen deine Tugend

Die Kirch' und Opfferung, der Weyrauch und Altar.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 28-29.
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