11. Daß die Poeterey unsterblich sey

[14] Was wirffstu, schnöder Neid, mir für die Lust zu schreiben

Von Venus, und mit ihr die Jugend zu vertreiben?

Ich achte deiner nicht, du liebest Eitelkeit:

Mein Lob und Name wird erklingen weit und breit.

Cupido führet mich in eine grüne Wüsten,

Da der Poeten Volck, weit von Begier und Lüsten,

Vorzeiten hat gelebt, wie noch die erste Welt,

Nichts von den Städten wust, und wohnet umb das Feld.

Die Nymphen werden mir den Lorberkrantz auffsetzen,

Mit meinen Versen wird sich Erato ergetzen;

So weit die grüne Lust und hohen Wälder gehn,

So weit wird mein Gedicht' an allen Bäumen stehn.

Ihr Oerter voller Freud', ihr Auffenthalt der Hirten,

Ihr Bäch', ihr Ahornbäum', ihr Quell, ihr zarten Myrten,

Ihr Thäler, ihr Gebirg', ihr Blumen und ihr Stein',

Ihr Wohnhauß aller Rhu, bey euch wüntsch ich zu seyn,

Sonst nirgends als bey euch; von eurer Lust besessen,

Wil ich deß Irrdischen und meiner selbst vergessen.

Wie Perseus, als er erst Andromeden erblickt,

Ward mitten in der Lufft durch ihre Ziehr verzückt,

So daß er kaum das Roß vermochte zu regieren,

So soll auch mich von euch kein' andere Liebe führen,

Biß mich der letzte Todt hier unversehens kriegt,

Und Venus mich begräbt, wo ihr Adonis liegt.


Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 14.
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