Getrennt, Vereint

[95] Seit du von mir weggegangen,

O welch brennendes Verlangen

In mir aufgelodert ist!

Ja! ich mußte dich vermissen,

Um zu lernen, um zu wissen,

Wie so süß, du Liebster! bist.


Rings umrauscht vom Sturmesgrimme

Scheinet deine theure Stimme

Nur noch süßer meinem Ohr;

Aus der Nacht voll finstern Qualen

Taucht in nur noch hellern Strahlen

Deiner Schönheit Glanz empor.
[96]

Mehr als in Besitzes Flammen

Schauert Herz in Herz zusammen

Bei der Trennung dunkelm Weh,

Und die Seele, bang und trübe,

Flüchtet sich in ihre Liebe

Wie zum Quell das wunde Reh.


Schweigendste der Einsamkeiten,

Wolle du dich schirmend breiten

Um mein träumerisches Herz,

Daß, in tiefem Weltvergessen,

Es sich hingeb' unermessen

Einem einz'gen Glück und Schmerz.

Quelle:
Betty Paoli: Gedichte. Pest; Leipzig 21845, S. 95-97.
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