Nachruf

[26] Zu stolz für weibisch feige Klagen

Und doch zu innerst tief verletzt,

Um länger noch dies Sein zu tragen,

Hast du ihm rasch ein Ziel gesetzt.


Du warst mir werth im Seelengrunde,

Viel theurer noch, als du's gewußt,

Und deines Busens Todeswunde

Glüht blutend auch in meiner Brust.


Doch deine kühne Flucht betrauern,

Und mit scheinheiligem Gesicht

Vor deiner That zurückeschauern –

Beim höchsten Gott! das kann ich nicht.
[27]

Ein Vogel, der im Waldessitze

Auf einen Baum herniederflog

Und, als der Sturm geknickt die Stütze,

Beschwinget wieder aufwärts zog –


In diesem Bild' seh ich Dich schimmern,

Du Herz voll Liebe und Gesang,

Das von versunk'nen Glückes Trümmern

Sich rasch und kühn zum Himmel schwang.

Quelle:
Betty Paoli: Gedichte. Pest; Leipzig 21845, S. 26-28.
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