Sühnung

[201] Huld, die dir im Auge schwimmt,

Sagt mir, daß dein Groll geschieden;

Aber meine Seele stimmt

Nicht in dieses Wort voll Frieden.


Daß vor meinem wilden Schmerz

Dein gerechter Zorn gebrochen

Frommt mir nicht, so lang mein Herz

Mich nicht gleichfalls losgesprochen.


Tiefre Qual ist's, wenn, versöhnt,

Du dich liebend zu mir neigest,

Und der Vorwurf lauter tönt,

Wenn du schonend ihn verschweigest.
[202]

Nicht mit unverdienter Huld

Großmuthvollem Segensspruche: –

Das Gedächtniß schwerer Schuld

Sühnt sich nur durch schwere Buße.


Neu erbau'n, was ich verheert,

Können Küsse nicht, noch Klagen;

Daß ich dein sei wieder werth

Muß ich dir für stets entsagen.

Quelle:
Betty Paoli: Gedichte. Pest; Leipzig 21845, S. 201-203.
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