5.

[136] So wenig wie der Quell, in dessen klaren

Lichtwellen jetzt mein Angesicht zu schauen,

Wenn er als breiter Strom durchwogt die Auen

Das längst zerfloss'ne Bild noch wird bewahren:
[136]

So wenig wird in spät'rer Jahre Treiben,

Wenn Schmerz und Freude, Seligkeit und Bangen

Wetteifernd einst den Zoll von dir verlangen,

Mein Bild in deiner Seele haften bleiben.


Es sei darum! nicht knüpfe sich dein Leben

An eines, dessen Sand, wie bald! verronnen.

Das Alter mag sich an Erinn'rung sonnen!

Der Jugend ziemt ein frisches Vorwärtsstreben.


Ich wünsche und ersehne nur das Eine:

Daß dir auf dieser liebeleeren Erde

Zum zweitenmale eine Liebe werde,

So tief, so treu, so selbstlos wie die meine.[137]

Quelle:
Betty Paoli: Gedichte. Auswahl und Nachlaß, Stuttgart 1895, S. 136-138.
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