33. Von einem Dieb und Mörder / der gehenckt worden.

[128] Man darff nicht erst gegen Mittag oder Morgen sich verfügen / die Würckungen der Grausamkeiten zu erfahren: Wir wollen die Länder verlassen / welche von der Hitze des grossen Liechts verbrennet sind / und die Augen auf die jenige werffen / welche gegen dem Nord sehen / dieselbe geben uns nur gar zu viel Exempel: Lasset uns auf die Schaubühne einen führen /oder vielmehr die Leiter hinauf steigen sehen / einen dazu verurtheilten / der so hart zu bekehren war / als die Israeliter einen Dieb / einen Mörder / der leichtfertige Schelm fiele unter die Hand der Justitz / war verstockter als Pharao / nach dem er viel Diebsstal begangen / wurde er verurtheilet / er solte das Leben in der Lufft lassen. Der Priester / der ihme zugegeben worden / ihn zu diesen Weg geschickt zu machen /befande ihn schwer zu bekehren / und mehr resolviret seine Vermahnungen zu verachten / als dieselben[129] anzunehmen. Es war ein Same / der auf einen Felsen fiele / und keine Wurtzel gewahne; Es war ein Eiß /das nicht zerschmeltzen noch brechen kunte. Endlich nach vielen hin und wieder gehen / da Er sahe / vielleicht / daß seine Halsstarrigkeit ihn nicht köme vom Galgen erretten / thate er die Ohren auf zu den Erinnerungen / und das Hertz den Göttlichen Eingebungen /wie man äusserlich davon urtheilen kunte. Da er fertig war am Galgen hingeführt zu werden / sagte er zu dem Priester / er hätte noch etwas auf seinem Hertzen / das ihme sehr anliege / und das er ihme gern eröffnen wolte; aber mit den Beding / daß er es nicht weiter als biß nach seinen Tod kommen lassen wolte. Der Priester verspricht es ihme. Darauf sagte Er: Ich hab geholffen einen Pfaffen lebendig braten / mit meinen Cameraden / ohne Mitleiden und Erbarmen. Sein Schreyen hat ihn nicht errettet / und sein Geld kunte ihn von unsern mörderischen Händen nicht erlösen. Diese Ubelthat betrübet meine[130] Seele / und ich empfinde die Rächerinnen / die mich bißhero an der Gnade Gottes verzweiflend gemacht. Der Priester hatte ein Abscheuen vor solchem Greuel / zeigte ihme die grösse seiner Sünde / und vermahnte ihn zu der Gnade dessen zufliehen / der allezeit die Arme ausgestreckt hat / uns zu empfangen. Da Er nun Reu und Leid hatte / ward er hinaus geführet. Der Priester erzehlte alsbalden / nach dem Er tod war / diese schröckliche Geschichte: Man hätte ihm aber grössere Marter angethan / wann man alle diese Grausamkeiten gewust hätte.

Quelle:
Parivall, J[ean] N[icolas] d[e]: Sinnreiche / kurtzweilige und Traurige Geschichte [...]. Nürnberg 1671, S. 128-131.
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