Der Lohn des Helden

[26] Einst fiel der Leu, der auf der Jagd

Zu tief sich in das Holz gewagt,

Zween Tiegern in die Pranken.

Gewaltig war sein Widerstand;

Allein erschöpft und übermannt

Fieng er itzt an zu wanken.


Da sprang der Dogge schnell heran

Und rettete dem armen Chan

Durch seinen Tod das Leben:

Denn kaum entfloh die Mörderbrut,

So sah er ihn mit stillem Muth

Den Geist den Göttern geben.


Itzt kam der ganze Hof herbey:

»Mir eckelt hier, sprach König Leu

Zum Fuchse, seinem Sklaven:

Weg mit dem Aas, es braucht kein Grab;

Nur zieh mir ja die Haut ihm ab,

Es läßt sich gut drauf schlafen.«
[27]

Ist dieses, rief mit bitterm Hohn

Der Bär zum Wolf, des Helden Lohn,

Nach dem wir alle dürsten?

Stirb für dein Weib, für deinen Freund,

Fürs Vaterland, für deinen Feind;

Nur stirb für keinen Fürsten.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 3, Tübingen 1802, S. 26-28.
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