Carl der fünfte

[179] Des Kriegs mit Schwerdt und Worten müde

Floh Carl der fünfte von dem Thron

In eine Zelle, suchte Friede,

Und fand ihn hier. Dem Göttersohn

Gab nun sein Gärtchen mehr Vergnügen

Als einst Paviens Lorberfeld,

Nicht Cäsar mehr war er noch Held,

Doch blos um über sich zu siegen.

Sein Zeitvertreib war Gottes Welt

Mit ihrem großen Bilderbuche,

Und die mechanischen Versuche.

Auf Turrianos Geist gestützt

Schuf er oft wandelnde Figuren

Mit Dädals Kunst aus Holz geschnitzt;

Sein liebstes Spiel trieb er mit Uhren,

Er drehte sie wie sonst den Staat,

Zerlegte, prüfte jedes Rad,

Und zeigte jedem seine Sphäre.

Einst sann er wochenlang darauf,

Ob es denn wohl nicht möglich wäre,

Zwo Pendeluhren gleichen Lauf

Und einen gleichen Ton zu geben,[180]

Allein umsonst war seine Müh,

Umsonst auch seines Freunds Bestreben.

Ey, rief er endlich lachend, sieh!

Es will uns nicht einmal gelingen,

Zween Seiger in ein Joch zu zwingen,

Und mir und meiner Priesterzunft

Kam es zu Sinne, die Vernunft

Von Tausenden und ihr Gewissen

In eine gleiche Form zu gießen.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 3, Tübingen 1802, S. 179-181.
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