Die Turteltaube und der Papagey

[121] Ein Turteltäubchen, dessen Gatte

Durch eines Jägers Tyranney

Den frühen Tod gefunden hatte,

Zog durch sein banges Klaggeschrey

Vom nahgelegnen Rittersitze

Den Papagey des Junkers Fritze

Aus seinem weichen Nest herbey.

Mein Kind, hör auf, dich so zu grämen,

Sprach er in gnadenreichem Ton,

Ich will in meinen Schutz dich nehmen,

Und, hier gesagt, beym Herrn Baron

Gelt ich weit mehr, als Frau und Sohn:

Mein Rang ist gleich nach der Maitresse;

Ein Zöfchen dient mir, wenn ich esse,

Und mein Gebauer ist ein Thron.

Komm, Freundin, ihn mit mir zu theilen,

Verlaß das düstre Land der Eulen,

Sey gutes Muths und schäme dich,

Mein Kind, so deutsch, so bürgerlich,

Um nichts – um einen Mann zu heulen.[122]

Das Täubchen sprach: ich danke dir,

Der Schmerz ist nun mein Loos auf Erden

Und du – du bist, vergieb es mir,

Zu glücklich, um mein Freund zu werden.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 2, Tübingen 1802, S. 121-123.
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