Spatzierlied für die Jugend

[118] Singt, Brüder, beym Spatzierengehn

Die Feste der Natur.

Wie groß ist Gott, und o wie schön

Ist er auf dieser Flur!


Der Winter deckte sie mit Schnee:

Es schwieg der Wasserfall.

Nun murmelt er im bunten Klee

Zum Lied der Nachtigall.


Hört, wie auf dem besonnten Rein

Die muntre Grille schwirrt,

Und wie im dunkeln Erlenhayn

Die Turteltaube girrt.


Hört, wie der Lämmer Lustgeschrey

Im hohlen Thale schallt,

Und wie des Hirten Feldschalmey

Am Felsen wiederhallt.


Mischt, Brüder, ihrem Wonneklang

Auch euren Jubel ein;

Gott schuf auch uns für den Gesang,

Die Vögel nicht allein.
[119]

Nur der sey traurig, dessen Herz

Ihn bey sich selbst verklagt:

Der frohe Tanz, der heitre Scherz

Bleib ewig ihm versagt!

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 2, Tübingen 1802, S. 118-120.
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