Cato

[197] An des Coytus jähem Strand

Lag trotzig, gleich dem Höllengotte,

Im Eingang einer Lavagrotte,

Des Cato Schatten. Sein Gewand,

Noch starr von seinem Heldenblute,

Bedeckte halb nur seine Hand,

Die traulich in der Wunde ruhte,

Durch die sein Geist die Freyheit fand.

Da kam ein Zwerg mit leerer Stirne

(Denn rauchend triefte sein Gehirne

Noch über seine Schläfe hin)

Den schwarzen Wall hinaufgeklommen,

Und drängte keck sich neben ihn.

Ah, Bruder Cato, sey willkommen!

Schlag ein, rief er, auch hier ist Kraft.

Hum, sprach der Römer, sachte, sachte,

Wie kommen wir zur Brüderschaft?

»Ey kennst du mich denn nicht?« – Hier lachte

Zum erstenmal der ernste Held. –

»Ich bin ein Enkel Teuts, und machte

Doch Lerms genug in jener Welt:

Für meines Freundes Weib entbrannte[198]

Wie ein Vulkan mein Löwenherz.

Nichts glich Elmiren; ich bekannte

Ihr auf den Knien meinen Schmerz:

Sie ließ mich schmachten, sie verbannte

Mich als den Mörder ihrer Ruh,

Mit hohem Ernst von ihrer Schwelle,

Und ich verschloß mich auf der Stelle

In mein Gemach und – starb wie du.«

Das ist zuviel, selbst für die Hölle

Zuviel! rief Cato wüthend aus,

Ha, Cäsar, komm und überwinde

Mich noch in einem zweyten Straus,

Erdroßle mich gleich einem Kinde

Und schleudre mit Triumphgeschrey

Mein Haupt in eine Schindergrube;

Nur rühme sich kein Lotterbube,

Daß er wie ich gestorben sey.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 2, Tübingen 1802, S. 197-199.
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