Der Adler und der Weih

[79] Beym Adler ward ein Weih verklagt,

Daß er vom Straßenraube lebe.

Beklagter wird citiert und scharf befragt,

Was er hierauf zur Antwort gebe?

Herr König, ich bekenne frey,

Erwiederte der Schalk und strich die Segel,

Daß ich ein großer Freund vom Wildpret sey.

Wie unverschämt! rief der Monarch der Vögel.

Das Compliment verdroß den Weih.

Was soll, sprach er, die todte Ringeltaube

In deinem Nest? die Curialien

Bey Seite, Sir, lebst du nicht auch vom Raube?

Ha Bösewicht! das sind Regalien,

Versetzt der Aar, die mir allein gebühren;

Und hieß den Wilddieb strangulieren.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 2, Tübingen 1802, S. 79-80.
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