4.

[210] O weh dir, der die Welt verachtet, allein zu sein,

Und dessen ganze Seele schmachtet, allein zu sein!

Es schuf der unerschöpfte Schöpfer Geschöpfe rings,

Und nicht ein einzig Wesen trachtet, allein zu sein:

Allein zu sein, verschmäht die Tulpe des Tulpenbeets,

Es scheut der Stern sich, wenn es nachtet, allein zu sein.

Verlaß den Stolz, der deine Seele so tief betört,

Der sich und seine Freuden schlachtet, allein zu sein!

Sogar vom Throne reicht der Herrscher die Hand herab,

Ihm schwindelt, wenn er sich betrachtet, allein zu sein;

Dem Klausner selbst im Wald gesellt sich sein Gottesbild,

Weil betend er's für sündlich achtet, allein zu sein.


Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 210.
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