24. An die Gräfin Pieri in Siena

[478] Schönheit fielen und Reiz wenigen Fraun anheim,

Auch Reichtümer verschenkt selten ein günstig Los;

Doch viel seltener gibt es

Ein teilnehmendes, großes Herz,


Dem Schönheit es und auch Gaben des Glücks gesellt:

Also seh ich vereint würdigem Gatten dich,

Rastlos tätigem Dasein

Prunk nicht, aber Gehalt verleihn.


Dichtkunst hebt und Musik, wahre Geselligkeit

Hebt dein Leben empor (wie es der Deutschen ziemt)

Aus einförmigem Kreislauf,

Den schlaftrunken Italien träumt.


Gastfreundschaftlichen Sinns nahmst du den Dichter auf,

Dankbar bietet er dir liebenden Scheidegruß,

Weil aufs neue der Frühling

Ihn zum flüchtigen Wandrer macht.
[478]

Schön ist's, häuslichen Kreis sammeln umher, wiewohl

Schön nicht minder, sich selbst lebend und frei von Zwang

Anschaun Städte der Menschen,

Stehn auf hohem Verdeck zu Schiff.


Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 478-479.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1834)
Gedichte
Gedichte. Auswahl.
Wer wusste je das Leben?: Ausgewählte Gedichte
Die schönsten Liebesgedichte (insel taschenbuch)
Gedichte: Ausgabe 1834