4.

[459] Warm und hell dämmert in Rom die Winternacht:

Knabe, komm! wandle mit mir, und Arm in Arm

Schmiege die bräunliche Wang an deines

Busenfreunds blondes Haupt!


Zwar du bist dürftigen Stands; doch dein Gespräch,

O wie sehr zieh ich es vor dem Stutzervolk!

Weiche, melodische Zauberformeln

Lispelt dein Römermund.


Keinen Dank flüstere mir, o keinen Dank!

Konnt ich sehn, ohne Gefühl, an deines Augs

Wimper die schmerzende Träne hangen?

Ach, und welch Auge dies!


Hätt es je Bacchus erblickt, an Ampelos

Stelle dich hätt er gewählt, an dich allein

Seines ambrosischen Leibs verlornes

Gleichgewicht sanft gelehnt!
[459]

Heilig sei stets mir der Ort, wo dich zuerst,

Freund, ich fand, heilig der Berg Janiculus,

Heilig das friedliche, schöne Kloster,

Und der stets grüne Platz!


Ja, von dort nanntest du mir die große Stadt,

Wiesest mir Kirch und Palast, die Trümmer Sankt

Pauls, die besegelte, leichte Barke,

Die der Strom trieb hinab.


Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 459-460.
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