93. Bedencke deine lebens gefahr:

[160] Ach Gott/ wie mancher feind tracht vns hie nach dem leben!

Der wurff/ der schlag/ der stoß/ der schoss/ der stich/ der hieb/

Der brand/ der fall/ der gift/ des mörders hand/ d' dieb/

Die hungersnoht/ der durst/ die hitz' vnd frost daneben.

Wie mancher kranckheit ist ein mensch' hier übergeben?

Wie manches hertzeleid fällt – vns aus angetrieb/

Des bösen geistes – an? wir müssen durch das sieb

Des todes schwind hindurch/ da hilft kein wiederstreben.

Wer ist/ wenn Gott der Herr wil über jhn gebieten/

Der sich für todes-fahr ein augenblick zu hüten/

Sich wol vermessen kan/ wie witzig er auch ist?

Welch stäublein ist so klein/ welch würmlein kreucht auf erden/

Dz nicht/ wenn Gott verhengt/ kan vnser mörder werden?

In summa/ nichtes hilft für 's grimmen todes list.

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 160.
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