95. Stirb deinen sünden ab:

[161] Der stirbt einn doppeln tod/ der an der erden klebet/

Gleich wie das tumme vieh/ vnd nicht eins recht bedenckt/

Wo durch/ wenn hie sein leib in d' erde wird versenckt/

Sein' arme seele dort mit Gott im himmel lebet.

Der aber lebet wol/ des geist im himmel schwebet/

Weil er auf erden ist: der sich gen himmel lenckt/

Wenn er der sünd' abstirbt/ so lang' jhn sünde kränckt/

Der nach der seelen heil durch leibes vnfall strebet.

Drümb mensche/ lebe dem/ der dir zum leben gab

Sein leben in den tod/ vnd seinen leib in 's grab/

So lange du noch hier im todes leben schwebest/

Vergiss des todes nicht/ denck' immer an das grab

Vnd stirb/ eh du noch stirbst/ den eitelkeiten ab/

Daß du nach diesem tod' in jenem leben lebest.

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 161.
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