Nr. 267. Der Schatz unter der Linde.

[247] Zwischen Strasberg und der Josefshöhe lieget eine alte und sehr breite Linde, welche inwendig ganz hohl ist. Eine Erscheinung führete einst mehrere Männer unter die Linde und bedeutete sie, daß sie daneben an der Stelle, wo jetzt eine Grube ist, einen Schatz heben, aber dabei ja nicht reden sollten. Die Männer fingen an zu graben, stießen auch auf den Schatz und hatten ihn fast ans Tageslicht gebracht. Da erschienen ihnen auf einmal viele Geister, sageten, daß sie ein Opfer haben müßten und berieten, welchen von den Männern sie nehmen wollten, einer aber sagete immer: den Rotlatz! den Rotlatz! Da rief der Mann, der den roten Latz an hatte: »ich will nicht! ich mag nicht! nehmet euch einen andern!« Sogleich war der ganze Schatz verschwunden und die Erscheinung ward nicht erlöset. Von jener Zeit rühret noch die Grube unter der Linde her und sie soll alles Mark und Holz aus dem Stamme in sich gesogen haben, so daß nichts als die Borke und die Zweige mehr von ihr dastehet.[247]

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 247-248.
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