Nr. 95. Der Kobold.

[58] Viele Bewohner von Osterwieck haben noch zwei alte Jungfern, welche Schwestern waren, gekannt, von denen es allgemein geheißen hat, daß sie in der Stube unter dem Ofen einen Kobold gehabt hätten, der ihnen auf ihr Verlangen den Teufel zum Schornstein hereinzitiert habe, durch den ihnen dann ihre Wünsche befriedigt wurden. Die Jungfern waren nicht unbemittelt, hielten den ganzen Tag Thüren und Laden verschlossen, gestatteten niemanden den Eingang in ihr Haus und wenn jemand etwas von ihnen wünschte und verlangte, so antwortete eine von ihnen: Ick will'n erst mal fragen. Neugierige Buben haben wohl mitunter durch die Ritzen der Fensterladen geblickt und dann unter dem Ofen ein großköpfiges ungeschlachtes Wesen mit feurigglühenden Augen gesehen.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 58-59.
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