45.

[14] Von der Baumannshöhle erzählt G.H. Behrens in der Hercynia curiosa, »daß ein gewisser feiner Mann, welcher nicht gar weit von der Höle gewohnet, und dieselbe denen curiösen Reisenden auff ihr Verlangen gezeiget, sich einesmahls habe gefallen lassen, gantz alleine ohne einige Gefährten mit brennenden Lichtern, wie gebräuchlich, in die Höle zu steigen, um darinnen eines und das andere noch weiter zu erkundigen, nachdem demselben aber die Lichter in währender Durchsuchung der Höle eines nach dem andern verloschen, und er zu seinem[14] Unglück das mitgehabte Feuerzeug nicht finden können, habe er sich vergebens bemühet, die Ausfahrt wieder anzutreffen, derowegen er darinnen drey gantze Tage und Nacht ohne Speise und Tranck zugebracht, im Finstern herum getappet, und so lange in der Irre gewandert, biß ihm endlich ein Engel in Gestalt eines brennenden Lichtes oder Feuers erschienen, und denselben aus der Höle geführet; als er nun also wunderlich errettet worden, und unverhofft wieder aus derselben an das Tageslicht kommen, habe er solches erzehlet, aber nur drey Tage darauff noch gelebet, und sey hernach gestorben. Ebener massen berichtet Eckstormius, wie in denen Eisen-Hütten bey dem Rübelande ein armer gemeiner und seinen seeligen Eltern bekannter Mann sich auffgehalten, welcher einesmahls, als die Höle noch offen gestanden, und mit keiner verschlossenen Thür verwahret gewesen, sich unterstanden, gantz alleine vor sich in die Höle zu kriechen, habe sich aber aus denen Klüfften nicht wieder finden können, weilen er kein brennendes Licht mit sich genommen, derohalben er acht Tage lang mit Herumwandern daselbst zubringen müssen, biß er endlich durch Gottes sonderbahre Hülffe hinwieder an des Tages Licht gelanget, und nach dem noch eine Zeit lang gelebet; in diesen acht Tagen aber habe er vor grosser Furcht und Schrecken gantz Eis-graue Haare bekommen; weilen derselbe durch viele Gespenster, wie er erzehlet, auff mancherley Art geplaget worden, denn es hätten etliche derselben ihn angegriffen, eines Diebstahls beschuldiget, und deswegen auffzuhengen befohlen; wenn er nun dieser loß gewesen, sey er von andern eines Todtschlages bezüchtigt, und daher zum Schwerdt verdammet worden; noch andere hätten ihn auff eine andere Weise gequälet und gepeiniget, auff welche Art es kein Wunder gewesen, daß der Mann nicht aus Angst verzweiffelt wäre; wie denn auch ebenfalls es keine unmügliche Sache ist, daß er dieserwegen grau geworden.«

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Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 14-15.
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