169. Der schwarze Mann mit der Ruthe.

[67] Der alte B. aus Wernigerode hatte öfters gehört, daß in der Kälbergasse Geld brennen solle; er beschloß daher, des Nachts hinzugehen. In der ersten Pfingstnacht machte er sich auf und ging hin. Als er in der Kälbergasse angekommen war, stand eine schwarze Mannsgestalt vor ihm; er erschrack sich, doch war er sehr beherzt und frug: Alter, was sucht Ihr noch hier bei Nachtzeit? Die Gestalt antwortete nicht; er frug noch einmal: Alter, was sucht Ihr hier noch bei Nachtzeit? die Gestalt antwortete wieder nicht. Darauf frug er zum drittenmale: Alter, was sucht Ihr hier bei Nachtzeit? und es entstand sogleich ein Windsturm, als wenn es alles umschmeißen wollte. Es dauerte auch gar nicht lange, da brannte ein helles Feuer aus der Erde heraus und ein schwarzer Kerl stand neben dem Feuer. B. vernahm gleich, daß das die schwarze Gestalt war, die er angeredet hatte, verlor seinen Muth und frug nicht wieder. Er nahm aber seinen Halstuch, warf ihn auf das Feuer und ging zu Hause. Als er vor das Westernthor kam, stand die schwarze Gestalt auf der Thorbrücke und hatte eine Ruthe in der Hand, womit sie ihm drohete. Zu Hause angekommen, legte er sich[67] schlafen; am andern Morgen war er sehr krank und hat so lange gelegen, bis er gestorben ist.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 67-68.
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