220. Die Hebamme von Drübeck.

[93] Beim Öhrenfelde ist der Rohnteich. Daran lachte ein hübscher Mann mit langen Haaren die noch junge Hebamme von Drübeck an. Er war nackt, das blonde Haar hing bis über die Schultern. Mit einer Ruthe schlug er auf's Wasser, da that es sich auf und er zog sie hinein. Sie kam in ein Gewölbe, darin war ein Zimmer und Saal, und dort befanden sich zwei große schöne Männer, zwei Kinder und eine hochschwangere Frau. Die Hebamme leistete ihre Dienste, sie sollte da bleiben, wollte aber nicht und man sagte ihr: es würde sie gereuen. Bei Mondschein ging sie heraus; als sie gefragt wurde, was sie bekäme, sagte sie: nichts, und nahm nur vom Kehrdreck. Sie wollte den Kehrdreck ausschütten, er klang und ist gediegenes Gold gewesen. Oben war die Hebamme dann trübsinnig wegen der zwei schönen Männer, die sie gesehen, und es schien, sie bekäme die Auszehrung. Einst ging sie an den Teich, Blumen zu pflücken, schlief dabei ein und lag, als sie erwachte, in einem schönen Zimmer und Bett, die zwei jungen Menschen saßen vor ihr. Sie sollte glücklich sein, wurde ihr gesagt, wenn sie nie wieder nach Drübeck hin wollte. Sie schüttelte mit dem Kopfe. Man führte sie auf einem Gange in einen schönen Gartrn, danach ward sie aus dem Teich gebracht. Den Wald, den sie grünend gesehn hat, findet sie abgehauen. Ein kleiner Junge in Drübeck und alle schlagen bei ihrem Anblicke in die Hände.[93] Wohnt hier nicht die Hebamme R...? fragt sie. Eine uralte Frau weiß, wie lange diese fort ist, und es zeigt sich, daß sie 2 Jahr todt gewesen ist. Sie sinkt zusammen und ist ein Klümpchen Asche.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 93-94.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Unterharzische Sagen
Unterharzische Sagen
Unterharzische Sagen: Mit Anmerkungen und Abhandlungen
Unterharzische Sagen: Mit Anmerkungen und Abhandlungen
Unterharzische Sagen: Mit Anmerkungen und Abhandlungen