4.[129] 120

Hierauff folget weiter solcher Personen Geschlechte / nach welchem befunden wird / daß unter oder in solcher Blocksbergischen Gasterey mannigmahl sind begriffen worden / »nicht nur alte betagte / sondern auch kleine unverständige Kinder / nicht nur Weiber / sondern auch Männer / nicht nur geringes sondern auch hohes Stands Personen / Käyser / Fürsten / Freyherrn / Edelleute und dergleichen; nicht nur weltliche / sondern auch Geistliche / Päbste / Bischoffe und Priester; nicht nur ungelehrte / sondern auch gelehrte und berühmte Doctores auß allen Facultäten.«

D. Weyer hat das Stück des Göttlichen Gesetzes / Præstigiatricem ne sinas vivere;121 Die Zauberinnen soltu nicht leben lassen; fälschlich ümbgezogen und gebogen / und wie seltzam ers[129] auch gesucht / nicht destoweniger hat er nicht wahrgenommen / warumb das Gesetz nicht gesaget habe Præstigiatorem den Zauberer sondern Pręstigiatricem die Zauberinnen.122 Welches gleichwol nicht daselst darümb also gesetzt worden / als wolte es die Zauberer / Artzte und Apothecker / welche offte bessern Bescheid / denn die Weiber / ümb das Gifft wissen / wenn sie Gifft eingeben / ungestrafft haben. Sondern das Gesetze GOTTES hat damit wollen zuverstehen geben / daß Manns-Personen mehrentheils weniger mit dieser Sucht behafftet sind / und daß an stat eines Mannes wol funfftzig Weiber damit beschleppet zufinden. Gleich wie das Hebreische Sprichwort lautet: ja mehr Weiber / je mehr Hexen. Nasim marbe keschaphim marbe. Daher saget Plinius, Fœminarum scientiam in veneficio prævalere:123 Das ist / die Weiber seyn auff Zauberey sehr geschwinde und fertig. Allda das Wörtlein veneficium nicht von dem Gifftbereiten außzulegen ist: Denn er erkläret sich selbst / als er die Ertzzauberin Circe zum Exempel setzet / wie sie die Menschē in Vieh hat können verwandeln / welches warlich alle Gifft der gantzen Welt zuthun nicht vermöchten.124 Auch schreibet Quintilianus / es sey stets vermuthlicher / daß ein Mann ein Todschläger / denn ein Weib eine Todschlägerin sey.125 Latrocinium, spricht er / facilius in viro; Veneficiumin fœmina credam. Man lese aber derjenigen[130] Bücher / die von Zauberern geschrieben haben / da werden sich allezeit funfftzig Weiber die Zauberinnen oder Besessene sind / an stat eines Mannes / der damit behafftet were / finden. Welches zwar meines bedünckens / nit auß Blödigkeit weibliches Geschlechts geschicht; sintemal bey ihnen mehrentheils eine unerhaltsame Widerspenstigkeit und Halsstarrigkeit gespüret wird / unn daß sie in Außstehung der Folter offt standhafftiger / denn die Männer seyn. Inmassē solchs in der zusammengeschwornen Verbündniß wider den Tyrannen Neronem ist bewehret worden.126 Desgleichen nach dem Tode Hyppiæ des Tyrannen zu Athen / alda die Weiber ihnen selber die Zungē abbissen unn abschnitten / damit sie nur ihren Peinigern alle Hoffnung benehmē / die Warheit von ihnē auß zupressē: des gleichē auch vieler Weiber außgestandene Marter. Sondern es gewint vielmehr das Ansehen / als geschehe es auß Krafft und Macht einer viehischen Begierligkeit /welche das Weib dahin antreibt / damit es seinē Begierdē gnug thu / od' sich räche / welcher Ursachē halbē vieleicht Plato das Weib127 zwischē dem Mēschē unn das Vieh setzet. Denn man sihet auch / dz der Weiber viscerialisch Theil ob innerlich Glieder unn Ingeweide in den Weibern grösser seyn denn bey den Männern / welche derhalben so hefftige Begierden haben. Hingegen aber seyn deren[131] Mannsbilder Haupter viel grösser / und darümb haben sie auch mehr Gehirn / Verstandes und Weißheit / denn die Weibesbilder / welches denn die Poeten haben angedeutet / da sie gedichtet haben; Pallas die Göttin der Klugheit sey auß des Iovis Gehirn gebohren und habe keine Mutter nicht; anzuzeigen / daß die Weißheit nicht von Weibern128 herkomme / sintemahl sie vielmehr zur Natur des Viehes nahen / (auch erweiset es das Sprichwort und die Erfahrung / daß wenn ein Regiment von Weibern bestellet würde / dasselbe nur würde wehren / biß die Sonne unterginge: und daß man saget Weiber haben lange Kleider und kurtze Sinne) zu dem hat sich auch der Satan zuerst an das Weib gemacht / durch welches darnach der Mann betrogen worden. Ferner halt ichs dafür / Gott habe es sonderlich solcher Gestalt angesehen / auff daß er den Satan hiedurch zuschanden machte / und seine Macht mit diesen schwächte / daß er ihm gemeiniglich und insonderheit über diese Creaturen / so weniger geachtet und nach gültiger seyn / denn andere / Macht hat gegeben / als über die Schlangen / Mücken / Fliegen und andere Thiere / welche das Gesetze Gottes unrein nennet; und darnach mehr über die unvernünfftigen Thiere / denn über das Menschliche Geschlecht; und folgends mehr über die Weiber / denn die Männer / und endlich mehr über diese Leute / so dahin leben wie das[132] Vieh / denn über andere. Zu dem kan der Sathan durch Hülffe der Weiber die Männer und Kinder auch herbey an den Strick bringen. Derowegen so bleibt nochmals die Erkäntniß GOttes / von schleuniger Hinrichtung der Hexen gäntzlich bey Kräfften; und des Weyers Schmähung oder Calumnie wider den Befehl Gottes und jede fromme Obrigkeit (so ihrem Ampt treulich nachsetzet) außgestossen vernichtet: Denn Weier läst an einem Ort zu / daß die Unholden mit dem Teuffel eine Vergleichung / Verbündniß und Gemeinschafft haben / auch durch seine Hülffe und Forderung viel Vnrahts und Vnglücks stifften.129 Vnd gleichwol widerspricht ers im Buche de Lamiis an etlichen Enden / daß kein Pact zwischen ihnen bestehe; sondern fladdert herümb / und saget einmal / man könne es beweisen / das andermal / man sol dem Vorgeben und Bekantnissen der Vnholden keinen Glauben zustellen; Vnd es betriegen sich und andere Leute diejenigen / welche meynen / daß die / so vor Hexen130 beschrien sind / solten diß können / dessen sie sich berühmen / sondern es plage sie allein eine Melancholische Sucht / die sie so unrichtig macht. Siehe da / waren die / so der Sachen unverständig und unerfahren / samt denen so Zauberer sind / oder mit ihnen leichen / sich pflegen zu heben und zubehelffen / damit sie ihres gleichen ungestrafft durchbringen / und des Sathans[133] Reich vermehren. Alle die / so vor der Zeit sagten / es ginge durch Melancholey zu / die gläubeten nicht / daß Geister oder Engel / oder auch ein GOtt were. Aber D. Weier bekennet / es sey ein Gott (gleich wie die Teuffel es auch bekennen / und unter seiner Macht erzittern / inmassen die Heil. Schrifft zeuget) bekennet auch durch alle seine Schrifften / es seyn beydes gute und böse Geister /welche mit den Menschen bißweilen einen Pact und Verbündnüß auffrichten / und Gemeinschafft haben.131 Warumb darff er denn das Gabel- Besen- oder Bock-fahren der Hexen und Zauberer / deßgleichen auch ihre Verhexungē unn Verzauberungē und sonstē ungeheure fremde Händel der Melancholey zuschreibē? ja noch dazu unglaubiger weiß die Weiber überauß melancholisch zu machē? so doch diß die Alten für ein Wunder wargenommē / und in Verzeugnissen hinterlassen / daß nie kein Weib von Melancholey und Vnmuth / und nie kein Mann vor Freudē132 gestorbē sey / sondern ein Widerspiel / viel Weiber vor unmässiger Freude offt sterben. Und demnach Weier ein Medicus ist / so soll ihm ja bewust seyn / daß die Feuchtigkeiten und humores der Weiber gar der verbranten Melancholey wid'streben / darauß doch die Vnsinnigkeit entstehet / sie begebe sich nūentweder à bile flava adusta, autà succo Melancholico,133 inmassen die Artzeney Gelehrten hierin übereinstimmen. Sintemal[134] eines wie das ander auß einer übermässigen Hitze und Tröckne entstehet / wie Galenus im Buch de atra bile schreibet. Nun seyn aber / wie ebengedachter Autor samt allen Griechen / Lateinern und Arabern helt und meldet die Weiber kalter und trockener Natur. Daher warnet auch Galenus, daß ein Mann der hitziger unn truckener constitution ist / und in einem trockenen Lande wohnet / im Sommer gerne in Melancholey gerathe: so doch Olaus Magnus, Caspar Peucerus, Saxo Grammaticus unn VVierus selbst samt allē Teutschē Inquisitorē d' Zauberer unn Vnholdē zustimmen / daß unter der Arcti schē Region, alda das Meer gefrieret / deßgleichē in Teutschland in den hohen Alpen / bey den Savojern / und in Piemont alles voll Vnholden stiebe und steube. Von den Völckern aber gegen Mitternacht / ist kuntbar / daß sie der Melancholey so wenig / als die Völcker in Africa den Phlegma sind ergeben. Denn man sihet / daß die Mitternächtigen Völcker / weiß / mit grünen Augen / falben unn dünnen Haarē / rötelicht unterm Angesicht / lustig unn gespräch seyn; welche Stück sämtlich der Melancholischen complexion gar widerstreben. Weiter beweisen Hippocrates unn Galenus134 in eben demselbigē Buch / daß gemeiniglich die Weiber gesunder seyn / denn die Männer / wegen der Monatlichen Blumen / die sie vor unzehlichen Kranckheiten verwahren. Die Weiber schreibet Hippocrates haben nimmer das Podagra und die[135] Lungensucht oder exulcerationem pulmonum.135 Galenus saget / sie haben die fallende Sucht nicht oder die Epilepsey, noch den Schlag / od' die Apoplexey / noch die Taubsucht / oder Phrenesin, noch die Schlafsucht oder die Lethargy noch den Krampf oder die Convulsion, noch das Zittern / als lange sie ihre Zeit – und Fluß haben.136 Vnd wiewol Hippocrates schreibet / die hinfallende Sucht und die Plage. welche die Besessenen / oder von bösen Geistern getriebene leyden / so man die heilige Kranckheit nennet / gehe natürlicher weise zu / jedoch erweiset er / daß solches wiederfahre allein den phlegmatischen / und nimmer nicht den Cholerischen / welches D. Weier als ein Medicus ja billich wissen solte. Nun haben wir aber droben dargethan / daß die Weiber gemeiniglich mehr besessen werden denn die Männer / und daß die Vnholden beydes offt mit dem Leibe vertragen / und sonst Teufflischer weise also verzuckt werden / daß der Leib unempfindlich und starrig da liegen bleibet. Noch lauts viel lächerlicher fürzugeben / der Vnholden Kranckheit entstehe auß Melancholey / so doch die Suchten so auß Melancholey entstehē / allezeit gefährlich seynd.137 Nun erfahren wir aber von etlichen Vnholden / daß etliche diese schöne Kunst viertzig und funfftzig Jahr haben getrieben / auch von 12. Jahren an (wie Johanna Harwilerin / so den[136] 29. Aprilis 1578. Jahrs verbrandt worden / unn die Magdalena von Creutzē Abtissin zu Cortuba in Hispanien. 1545.) und mit dem Teuffel beydes in geheime Freundschafft und fleischliche Vermischung sich eingelassen / die eine viertzig Jahr / die andere dreissig. Hierumb muß ja Weier gestehen / daß solches an ihm als ein Medico ein ungeschicktes Ding / und grosser Vnverstand und Vnwissenheit (aber was sag ich von Vnwissenheit / ich solt anders sagen) sey / wenn er den Weibern die Melancholischen Kranckheiten darff zumessen / welche ihnen eben so wenig zukommen / denn die löblichen Wirckungen und effect einer temperirten Melancholey / welche (in massen alle alten Philosophi und Medici angezeiget) den Menschen klug / bescheiden / bedachtsam / nachsinnig unn contemplativisch machē / welche dergleichen Qualiteten und afectionen sind / die einem Weibe eben so wenig mögen gebühren und anhängen / als das Feur dem Wasser.138 Ja Salomon / der am besten Weiblicher Arth und temperatur erfahren gewesen / spricht in seinen Sprichwörtern / er habe unter tausend Männern einen Witzigen gesehen / aber von Weibern nicht eins. Derowegen last uns von diesen dollen Fantastenköpffen / welche die Weiber melancholisch machen / abkehren. Sintemal ja Weyer selbst / als er siehet / daß ihm seine gesuchte Beschönung und übergeschlagenes[137] Deckmäntlein der Melancholey wird abgezogen / durch so offenbahre gewisse Erweisung / demonstration und helle Warheit Göttlicher und menschlicher Gesetz / durch so vieler Völcker auff den gantzen Erdboden Geschichtē unn Historien / durch so viel Vrgichten / und beydes freywillige und peinliche außgepreßte Bekäntnissen / durch so viel gerichtliche sententz und Vrtheil / durch unzehlige Vberzeugungen / condemnationen oder executionen, welche seyt drey tausend Jahren her in aller Welt vorgegangen / begibet er sich noch auff einen ungeschicktern Ranck / durch welchen er vermeynet / den Zauberern die Straffe vom Halse zubringen / für gebend / der Teuffel verführe die Hexen und bilde ihnen ein / sie thun und schaffen diß und jenes / welches er selber thut.139 Mit diesem Fund stellet er sich als sey er dem Sathan heftig zuwider / und unterdessen befleissiget er sich / die Zauberey zu salviren und zu retten. Welches eigentlich eben so viel ist / als schertzte er mit Worten mit dem Satan / und im Werck bestätiget und vermehret er seine Macht und Reich. Denn er weiß wol / daß die Obrigkeit über die Teuffel keine Iurisdiction hat / sie zu hämmen oder den Stab über sie zubrechen. Wenn aber diß Argument solte Platz finden / da würden nicht allein die Zauberer und Hexen / sondern alle Todschläger /[138] Räuber / Blutschänder / Vatermörder / und alle die vom Feind des menschlichen Geschlechts zu Vbelthaten und Mißhandelungen getrieben werden / ungestrafft entgehen und ledig gesprochen werden. Bißhieher Bodinus

Besiehe sonsten Mederum.140 Wer sind aber die Hexen und Vnholden / und wer ist warhafftig dafür zu halten? Es sind nicht nur alte Weiber / sondern es befindet sich im Werck / daß auch Männer / Junge Gesellen / Weiber von jungen Jahren / Jungfrauen / ja Knaben und Mägdlein / in diß verfluchte Laster pflegen zu fallen / die in allen andern Weltlichen Sachen gutes Verstands / verschmitzt und scharffsinnig sind.

Ferner bezeuget Crusius auß des Bodini Dæmonom. l. 2. c. 4. daß Guilhelmus Edelinus der Doctor zu Sorbon wegen der Zauberey sey verdammet worden im Jahr Christi 1453. den Tag vor Weynachten.141

Vom Freyherrn142 von Raitz / welcher zu Nantes als ein Zauberer ist gerichtet worden: besihe Bodinum in Dæmonom. lib. 2. c. 5. circa finem.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig, Frankfurt 1669, S. 129-139.
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