Rübezahl kan seinen Namen nicht leiden.

[138] Es gehen fast alle Possen und Begebnüsse dahin / daß sie wegen Benennung des unleidlichen Wortes Rübezahls verübet und ins Werk gesetzet werden. Ja alles was man höret / daß dieser Geist schädlich stifftet /solches soll herrühren aus diesem Grunde / daß die theils albere oder unwissende / theils[138] auch fürwitzige Leute den Nahmen Rübezahl aus dem Munde würklich ergehen / und auff dem Berge von sich hören lassen. Es ist mir nicht einmahl / sondern vielmahl erzehlet / daß das versuchende Gespenste unterweilen mit Fleiß sich zu den Wanderern verfüge / solche nur auszuholen / oder seinen unangenehmlichen Namen von sie heraus zu locken: Damit wenn es geschehen eine richtige Ursache sey / ein Ungewitter zu erregen /oder sonsten ein Schelmstücke zu stifften. Und in diesem Falle kömt der Rübezahl gäntzlich mit Pilato überein / als welcher ebenmässig nicht Φερώνυμος ist / oder seinen Namen dulten kan. Doch damit auch hievon der begierige Leser ein mehres zu erkennen habe; So kan alhier füglich / wiewol verdolmetschet /hergebracht werden / was Hermannus Lignaridus in oblectamentis Academicis hat / c. 2. p.m. 23. etc. Es ist das allgemeine Gerüchte durch gantz Europam, vom Pilatus[139] See / welcher in dem Lucernischen Gebürge / Fragmont genant / seyn sol. Weil aber gar vielen gelüstet zu wissen / was es denn für eine Beschaffenheit mit solcher See habe! So hat es mir rathsam gedaucht / die Beschreibung dessen aus des Vadiani Commentario in Pompejum Melam hieher zu setzen. Nemlich / es spricht Vadianus daß im Schweitzerlande / bey Lucern / eine alte und sehr berühmbte Stadt / ein fast hoher Berg sey / welchen man Fractum, oder Fragmont heisset / wegen seiner Steilheit oder Unbeqvemligkeit auff dessen höhe hinauff zu klettern / weil er sehr jähigt (præceps) und rauch (fragosam asperitatem habens) ist. Unter solchen Gipffel ist eine See / welche man von dem Pilato benennet; im übrigen gar eng und klein / also daß man solches Wasser vielmehr einen Sumpff oder Pfütze /als einen See nennen dürffte. Hierinnen / so ferne ein Mensch mit Fleiß etwas hinein wirfft / so sol gar[140] schleunig ein greuliches Ungewitter sich hervor thun /und alles mit Wasser überschwemmen: Wo ferne aber ungefehr was hinein fält / so sol die so benante Pilatus-See nichts dadurch geträncket oder zum Zorn beweget werden: Gleichsam wie der Ort eine menschliche Vernunfft hätte / und einen Unterschied zu machen wüste / zwischen Freywilligkeit und Ungefährligkeit: Als davon die letzte nicht straffwürdig sey /weil es nicht aus Vorsatz geschehen. Und diese Sage wird dannenhero von den Stadt-Leuten noch weiter bekräfftiget / weil sie betheuren / daß vorweilen unterschiedliche deswegen wären enthauptet worden / weil sie ein grosses Unglücke durch ihr freventliches hinein werffen den Angräntzenden zugerichtet hätten. Wie ich vorm Jahre im Augusto nach Lucern gekommen bin / solchen See zu beschauen / da bin ich von dem hochgelahrten und freundlichen Johanne Xylotecto Canonico Lucernate, auffs beste empfangen /[141] und den folgenden Tag drauff auff den Berg gebracht worden / da wir noch bey uns hatten von andern Mitgeferten / den Osvvaldum Myconium, einen gelehrten und auffrichtigen Menschen / und den Conradum Grebelium Tigurinum. Und also giengen wir aus der Stadt flugs früh morgens / wurden auch mit Pferden fast mitten auff den Berg gebracht / wiewol durch einen ungebähnten und schweren Weg: Wie wir nun aber nicht ferner zu reiten vermochten / da haben wir unser Vieh alda in die Weide gelassen / und sind mit einem Hirten / welchen wir gedungen hatten / und der auch vorne an gieng / sambt unsern Stäben vollends auff den Berg geklimmert / und sind zu Fusse durch einen engen Steig / dadurch nicht ein iedweder zu kommen vermag / über grosse und ungeheure Felsen auff das höheste gekommen / und auch endlich / wiewol mit sauren Schweisse zu das Ufer des gedachten Sees gerathen.[142] Es ist daselbsten dieser Berg / ungeachtet daß er anderstwo jähigt ist / voll Weide / hat einen grossen Umbfang / und gleichsam einen runden Kreiß / welcher in der mitten sich um Thal neiget /und zum Mittel Punct dieser See bezircket / welcher nur dünne Binsen in sich hält / und sonsten rund herumb mit viel Buschwerck umbschlossen ist: Welches für sich alleine schon einen abschrecken kan / weiter hinzu zu nahen. Es fleust kein Strom oder Wasser dazu / es gehet auch kein Fluß heraus: Das Wasser aber scheinet schwärtzlich / höllisch / und morastisch / stehet unbeweglich / kan auch schwerlich vom Winde rege gemachet werden. Nemlich es wird wieder die Sud- und Westwinde ein ziemlich Theil des Berges gleichsam entgegen gesetzet: Wider den Ost und Nordwing dienet die Tieffheit des Ortes / sampt dem dicken Walde. Weiter ist allhier auch zu verwundern / daß gedachter Sumpff weder von winterlichem[143] Schnee zunehme / noch von der Sommerlichen Hitze abnehme: Sondern stets gleicher Grösse verbleibe. Weiter kan ich auch nicht unterlassen dieses zu vermelden / daß uns der hinauffführende Hirte anfänglich zum Eyde vermochte / daß wir nemlich schweren musten / daß wir nichts ungebührliches droben wolten fürhehmen; oder / nach dem wir die See gesehen /etwas hinein werffen solten; Ja er sprach / es stünde sein Kopff drauff; und vermahnet uns auch noch zum Uberflusse unterwegens etliche mal; daß wir davon stille schweigen / und uns darbey nicht wider Gebühr verhalten möchten. Und dannenhero bin ich bewogen worden / der alten Sache keinen geringen Glauben beyzumessen. Biß hieher der Vadin anus. So fern ich etwan nunmehr auch meine Meinung und Urtheil hierüber solte vorbringen; So spreche ich: daß mir nicht unbewust sey / wie gar sehr viel wunderliche Sachen in der Welt zu finden seyn / deren Ursachen[144] wir keine Kundschafft haben: Und ist dergleichen Ungründlichkeit oder Unerforschligkeit sonderlich anzutreffen unter die jenigen Wercke / welche mit des Himmels und der Lufft Veränderung zu schaffen haben. Es erzehlet der Plinius lib. 2. cap. 45. daß in Dalmatien eine Klufft sey / in welcher / so man ein leichtes Steinigen / auch bey dem stillesten Wetter hinein wirfft /so soll sich ein grosser Sturm ereigen. Welches auch Vadinianus bekräfftiget / daß es nicht minder geschehen solle / wenn auff den Alpgebürgen bey Affenzahl im Schweitzerlande / allda in einen grossen und greulichen Abgrund etwas hinunter geworffen wird. Fast eben solches erzehlet noch anderswo Plinius d.l. daß nemlich in Cyrenen ein grosser Fels sey / welcher dem Sudwinde gewidmet ist; welchen keines Menschen Hand berühren darff / wo er von dem Anherrn / dem Sudwinde nicht wolle mit Sande bedecket werden. Solte man nun etwa[145] von der vorige Pilatus-See eben dieses dafür halten / daß nach dem man einen Stein oder etwas anders schweres hinein geworffen habe /solcher den Himmel oder die Lufft turbire / und den Beywohnern ein erschreckliches Ungewitter über den Haltz bringe: Hiervon schweige ich noch zur Zeit stille / und kan nicht flugs allerdings Beyfall geben. Es sind aber folgende meine erhebliche und bewegliche Ursachen: Erstlich / weil dieses gantze Geschwätze sich nirgendswo / als nur bloß auff die Erfahrung fundiret; Solche aber / weil sie nicht beständig ist: kan sie mir kein Gewißheit beybringen: Nemlich / es vermeiden zwar die Landes-Leute / daß ein unerhörtes Gewitter entstehen solte / wenn man in die See etwas hinein geworffen: Derentwegen auch die Obrigkeit unterschiedliche zur Straffe solle gezogen haben. Aber andere bezeugen / daß sie heimlich / und unwissend ihrer Führer oder Begleiter / schwere Sachen hinein geworffen haben;[146] und keine Veränderung drüber vernommen / sondern schön helle Wetter behalten haben. Zum andern / ob gleich mag Donner und Hagel bißweilen nach dem Hineinwurff erfolget seyn so läst es sich doch nicht also bald draus erfolgen /daß die Ungestümmigkeit aus dem geregten Sumpffe entstanden. Denn es kan Zufalls Weise geschehen seyn / absonderlich in den sehr heissen Sommerstagen / zu welcher Zeit es sich alleine zum Teiche füglich gehen lässet: Item da die Schweitzer grausam Ungewitter bekommen / mehr als sie wünschen / wegen die sehr hohen Berge / so oben / auch mitten im Sommer /mit Eyß und Schnee übergossen seyn. Zum dritten trit hierzu / daß die Lugdunenses in Franckreich ein dergleichens von auch einer See nach dem Pilatus benamet vorgeben: in welcher des Pilati sein Cörper soll geworffen seyn: Nemlich sie erwehnen / wenn man einen Stein hinein schmeist / daß alsdenn ein[147] Blitzen und Donnern entstehe: Welches aber bißhero vergebens / und abergläubisch dafür gehalten worden; wie dieses begläubet und mit mehrem beweiset Johannes du Choul Lugdunensis, in Beschreibung des Pilati Berges. Was nun also anderwo fälschlich gegläubet und ausgesprenget hat; wie solte dieses auch nicht allhier statt finden / und ebenmässig erlogen sey? Aus diesen Gründen bin ich bewogen worden / ein Stopticum in dieser Sache zu agiren / oder das Fürgeben in den Zweiffel zu ziehen; Doch wil ich hierneben gar gerne hören / was einander bessers davon fürbringen möchte. Mercke letzlich / daß Bucatius eben ein solches voriges von der See des Berges Berges Canari in ulteriori Hispaniâ referiret. Biß hieher Lignaridus. Wobey zu mercken / daß noch andere sagen / wie nemlich die erwehnte Pilatus See ein grosses Ungewitter zu wege bringen solle / so ferne nur des Pilati mit Worten gedacht[148] würde: Auff welche Art nemlich der oben angeführte Rübezahl procediret nach geschehene proclamation seines Nahmens / welchen er durchaus (ich möchte wol wissen / aus was für einer eigendlichen Ursache) auff seiner Residentz nicht hören noch dulden will / in dem er alle seine Nomenclatores oder Proprii tituli Præcones, mit Ungewitter besoldet / oder die Onomatologiam besaltzet. Solte etwan die Prophanatio in causâ seyn? Da der hoffärtige Geist besorget / es möchte seine Ehre verunglipffet / sein Name verkleinert / und sein Gerüchte verringert werden / so ferne sein Name von allen mißgebrauchet / und häuffig vorgebracht würde. Da er denn in diesem Stücke den Rabinen nachkömmet / welche Tetragrammaton nomen DEI, άνεκφώνη oder ineffabile venditiren. Doch kan es auch wohl seyn / daß es mit ihm heisse: Verba valent sicut nummi: das ist: die Titul werden manchmahl[149] abgesetzt wie das Geld. Oder solte der Geist sich referiren auff die heidnische evocationem Deorum; dannenhero sie vieler Oerter Namen vor Zeiten verdecket gehalten / so weis ich es nicht. Sonst bleibt es noch einmal wahr / daß der Rübezahl seinen Namen durchaus nicht haben noch leiden will; und zwar nicht so wohl von denen / die ausserhalb seiner Reviere unten am Bergen und Städten wohnen; denn da wird er häuffig ohne verspührete Verletzung stets also genannt; sondern vielmehr von den jenigen / welche ihr Passagium über seine Klippe haben. Item, die sich droben wohnend auffhalten / als da seyn unterschiedliche viel Häuser / welche entzeln neben der Herrstrassen weitläufftig nach der länge von einander gebauet / und hin und wieder gleichsam zerstreuet angetroffen werden. In solchen gedachtē Häusern / welche dem Feryherrn Schaffgotsch genannt / zustehen; sollen sich ebenmässig die Leute sehr scheuen /[150] den Rübezahl zu nennen / oder das geringste zu wider zu reden. Wie ich dennoch neulich von einem Liebenthalischen Boten bin berichtet worden / daß / wie er einsmals die Leutgen angeredet /und zwar zur Herberge im Hause / was sie von dem Rübezahl hielten? Item / ob er ihn nichts thäte? Da sollen sie gleichsam mit Hand und Mund abgewehret haben / daß er ja nichts ungebührlichs von ihm schwatze: Da sie gleichsam mit dieser Warnung auff einen Biblischen Spruch gezielet haben: Der Teuffel gehet herumb wie ein brüllender Löbe / und suchet /welchen er verschlinge / etc. Ferner soll der Hauswirth gesaget haben: Er (der Rübezahl) thäte ihnen nichtes: So thäten sie ihm wieder nichts. Ja noch weiter gedachte auch jener Bote / daß die Bergleutgen es ziemlicher massen mit ihm halten müsten / wenn sie wolten fortkommen und Gedeyen erlangen und behalten: Woran es ihnen denn nicht fehlen soll:[151] Sintemahl sie sehr schön Vieh und Kühe hätten / welche sie auff dem Berge mit schönen wohlriechenden Kräutern ersättigen / und köstliche Weide hätten. Nemlich / es thate noch ferner der Brieffträger hinzu / daß es droben außerlesene / herrliche Blumen-Plätze gebe / wel che von ferne einen schönen Geruch aus sich ergehen liessen: Welche von dem Viehe abgegraset / oder zum Heu von den Leuten abgemeihet werden. Mercke auch / daß solches ihr Vieh / wenn es von dem Gebürge ins Land gebracht wird / drunten nicht gedeyen noch fortkommen soll. Warumb? Weil es die Berg art ein mal gewonnen / und tieff eingewurtzelt bekommen hat; Welche in niedrigenn Oertern nicht mag exterminiret werden. Merckt weiter noch andere besondere Arten des Bergwesens / nemlich / daß die Bäume und Sträuchwerck droben / welches hin und wieder nur entzeln und am Büschen sich nur soll finden lassen /nicht sonderlich hoch noch dicke werdte: Ebenfalls[152] wegen die besondere Natur Erhöhung. Welches ferner nicht / daß auch alle Leutgen droben ziemlich klein seyn sollen; also / daß manches Kind von 6. oder 7. Jahren wie ein klein Putz-Nicklichen seyn soll / und auch hernachmalen nit sonderlich starck wachsen oder lang werden soll. Noch ferner wird auch vermeldet /daß diese monticulæ pumiliones sehr content mit ihren Gütgen und Sachen seyn sollen; also / daß sie kein bessers begehren: Sintemahl sie / (wie der vorige Bote sie zur Rede gesetzt und gefraget hatte: Wie sie in ihren kleinen Hüttgen und schlechten Losamentern könten auskommen und vergnüget leben?) geantwortet: Wie solten wir was bessers begehren? Wir haben hier guten Friede (verstehe Weltlichen und Geistlichen; denn sie sind im gewesenen dreissig Jährigen teutschen Kriege niemalen von den Soldaten angefochten / noch wegen des Lutheranismi / von den reformirenden Jesuiten geängstiget[153] worden:) wie ihr denn selber wisset / da ihr für die Kriegsleute / theils zu uns geflohen / und Schutz bey uns bekommet habet. Haben wir schon mit allerley Sachen / als Geld / Korn / etc. So können wir doch solches alles von euch und euren Leuten bekommen / für unsere Käse und ander Vieh Wahren. Meercke hier / daß sich dieser Gelegenheit zu bedienen unterschiedliche Handelsleute befleissigen / welche von andern Oertern ihnen beliebete Waare mitnehmen / sich vor dem Gebürge / bey 20 / 30 / und viel eher mehren als wenigern samlen / und zusammen zu den Leuten hinreisen / und Waare mit Waare stechen. Mercke noch weiter bey des vorher angebrachten Botens Rede / daß er also zur geschehenen Frage war veranlasset worden /nemlich / er war gleich in ein Haus eingekehret / da ein Weibigen die sechs Wochen gehalten / und in das Kindelbette gekommen war; da sich denn der Mann beschäfftig wie Martha erzeiget /[154] hatte einen Krug genommen / und über eine Meile weges seiner Frauen etwa bey zwey Kannen Bier geholet / und sie damit gelabet. Weiter ward auch referiret / daß sie bey fünff Meilen müsten nach der Lutherischen Kirchen gehen /wenn sie Pfarren wollen / oder Gottes Wort anhören; Dannenhero es denn öffters geschiehet / daß sie kaum des Jahrs einmal den Gottesdienst in der Kirchen verrichten. Noch weiter sollen ihre Häuser niedrig und klein seyn / also / daß sie der Schnee über und über des Winters bedecken soll / und stets zu thun haben /daß sie den Eingang mit wegkehren / und schauffeln frey behalten. In solchen ihren Häusern sollen sie sich sehr reichlich mit Heu versehen haben / und davon alle Winckel bestopffet / damit sie durch den Winter reichen / und Vorrath für ihr Vieh haben können. Letzlich ward auch gedacht / daß es schwere Reisen über das Gebürge gebe; in deme man müst[155] an vielen Orten über lange und schmale Stege gehen; darüber dennoch aber die erfahrnen wie ein Katze zulauffen vermögen. Und zwar in diesem Stücke ist abermahl das Gebürge zu verwundern; daß es / da es doch eitel Felsen ist / dennoch so sehr tieffe und sumpffigte Oerter hält / daß man nicht glauben soll. Des Winters soll es noch gefährlicher seyn / wegen des unerhörten tieffen Schnees; dannenhero sie nebenst dem gewöhnlichen Wege hohe Stangen von einem Ort zum andern stecken sollen / damit sich ein reisender darnach richten möge. Allein es soll vielmalen geschehen / daß solche Stangen / welche den vorigen Tag gestecket worden / den folgenden sind durchaus mit Schnee bedecket gewesen; also / daß es zu thun soll haben / daß auch einer der des Ortes Schliche ziemlich weis /könne zurechte kommen / und sich heraus finden. Und es hat etlicher massen eine Verwandnüsse hierinnen mit Irrland / zwar in[156] verkehreten Sachen; wenn man saget / daß alldar des Sommers das häuffige und wohlriechende Graß auff dem Felde so schleunig auffwachse; also / wenn man den vorigen Tag eine Stange oder Picke / aber nach der länge hinein geworffen / da noch kurtzes Graß vorhanden gewesen / solches Zeichen den folgenden Tag nicht mehr könne vermercket werden / wegen erfolgete Bedeckung des bald drauff gewachsenen Grasses. Solte einer da seyn / so möchte man leichte zu solcher Klugheit gerathen / daß man das Graß nach dem Sprichwort wachsen höre. Aber gnung von dieser Kurtzweile / und den vorigen kurtzen Leuten; Jetzund kommen wir wieder über den Rübezahl her / und befragen uns noch ferner / wannenhero er seinem Namen so gram sey / also daß er flugs ein Ungewitter drauff ergehen lasse? Ist etwan der Ort also beschaffen / daß wenn der Laut oder Schall dieses Nahmens sich hervor thut / er flugs ein Ungestümmigkeit[157] drauff ergehen lasse; da das Wort gleichsam ein Schlüssel solches Meteori ist: Wie man denn sonsten lieset / daß sich allerhand theils regende /theils auch leblose Sachen durch besondere Wörter accommodiren / oder incomodiren. Lieset man doch von einem besondern Fische in Sicilia beym Kirchero in Musurgia, daß solcher von den Fischern vermittels etlicher Wörter gefangen werde. So weis man auch /daß die Meerschweine von Natur keinen Nahmen lieber hören als Simon. Davon mit mehren unter andern nach zuschlagen wäre Franzius in Historia animalium. Weiter weis man auch / daß an unterschiedlichen Orten ein Echo oder Wiederschall wird / welcher hier schwach / dar starck ist; Als bey Paries / da sich ein ausgeschryenes Wortley dreyzehnmal reciprociret. Vielleichte hat nach diesem Schlag das Schlesische Gebürge eine ähnligkeit mit den erzehleten Dingen; daß es nemlich[158] nach Erschallung des Wortes Rübezahl so bald ein Ungewitter errege / als wenn in Pilatus See ein Stein geworffen wird. Doch gnug von dieser curiosität / ein ander mag was bessers pratgen. Doch gnug.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 138-159.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Knigge, Adolph Freiherr von

Über den Umgang mit Menschen

Über den Umgang mit Menschen

»Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können. – Das heißt: Ein System, dessen Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muss dabei zum Grunde liegen.« Adolph Freiherr von Knigge

276 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon